Manchmal humorvoll, manchmal melancholisch. Manchmal in der Gegenwart, manchmal in einer anderen, scheinbar längst vergangenen und doch nie vergessenen Zeit. Manchmal in der deutschen Uckermark und manchmal im Nahen Osten.
Jasper Fabian Wenzels Buch "Deutschland draußen" ist so vielschichtig wie Dr. Amin Ballouz selbst. Ein halbes Jahr lang begleitete Wenzel den Landarzt durch sein Leben. Herausgekommen ist ein Buch, das jede Seite lohnt, nicht obwohl, sondern gerade weil es so anders ist, als man erwartet.
Auf den ersten Blick wirken viele der Charaktere auf die der Doktor trifft, schrullig, oft genug sogar amüsant mit ihren Eigenheiten, ihren Spleens und Marotten. Da gibt es die alte Dame, die gerne alte Lieder über ihre verlorene Heimat singt, "die man so heute eigentlich gar nicht mehr singen darf". Da ist der gute Bekannte, der sich, ähnlich wie der Doktor selbst, den Trabbis verschrieben hat, bei dem es "aber nicht mehr so geht wie früher". Da ist aber auch der junge Vater mit der Krebsdiagnose, die syrische Familie, die Ballouz auch mal umsonst behandelt, und immer wieder auch die Erinnerung an seine libanesische Heimat.
Auch dorthin begleitet Wenzel den Doktor während eines Besuches bei Familie und Freunden. Dabei sieht er durch die Augen Ballouz', was sich alles verändert hat, seitdem er, noch nicht einmal volljährig, fliehen musste. Zuerst nach Syrien, dann in die DDR.
Mit viel Einfühlungsvermögen und noch mehr sprachlichem Sachverstand gelingt es Wenzel, ein besonderes Porträt eines besonderen Mannes zu zeichnen, das sich auf ganz andere, vielschichtige Weise mit dem fast schon allgegenwärtigen Thema Flucht und Heimat beschäftigt. Das kaum eine Frage unbeantwortet lässt und deshalb auch schon in einer Fernsehreportage gezeigt wurde.
Ein Buch, um sich besser zu fühlen, ist "Deutschland draußen" nicht. Dafür aber eines, das nachdenklich macht, das Chancen und Probleme aufzeigt. Wo dabei die Grenze verläuft, das mag an vielen Stellen der Leser selbst entscheiden.
Jasper Fabian Wenzel: Deutschland draußen. dtv Premium, 176 Seiten, 14,90 Euro.
