Ingolstadt
Leichtgewichtige Klänge

12.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:42 Uhr

Simon Mayrs Oratorium "Gioas" erklang zur Eröffnung der Simon-Mayr-Tage in der Ingolstädter Asamkirche. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Mit dem Eröffnungskonzert der Simon-Mayr-Tage 2010 bescherte Dirigent Franz Hauk den Ingolstädtern in der voll besetzten Asamkirche wieder einmal ein besonderes Musikerlebnis: "Gioas – Dramma sacro per Musica”, ein Oratorium für Soli, Chor und Orchester von Giovanni Simone Mayr.

Die Geschichte aus dem Alten Testament um das Morden der machthungrigen Atalia und die Trauer Sebias um ihren vermeintlich getöteten Sohn Joas birgt einiges an musikalisch-dramatischem Stoff, den Hauk mit seinen hervorragend aufeinander abgestimmten Solisten, Sängern und Musikern eindrucksvoll zu Gehör brachte.

Eine heitere Sinfonie in D-Dur leitet das Oratorium ein und vermittelt erst einmal gar nicht den Eindruck eines sich abzeichnenden Dramas. Geradezu fröhlich auch die anschließende Hymne, die der Chor stimmgewaltig und glanzvoll wie ein unumstößliches Denkmal in die Akustik der Asamkirche setzte.

Der Simon-Mayr-Chor, vereint mit Mitgliedern des Bayerischen Staatsopernchores, erwies sich als prägnant agierender Klangkörper und ließ in seiner gesanglichen Interpretation und Präsenz keine Wünsche offen.

Sopranistin Andrea Laura Brown als Sebia war unbestritten glanzvoller Mittelpunkt des Abends. Ihr müheloser Sopran zeigte sich in allen Lagen homogen und sehr natürlich. Feinsinnig und äußerst differenziert lotete Brown ihre Rolle aus, überzeugte als innig liebende, hoffende und leidende Mutter und gestaltete neben Tenor Cornel Frey, der den Adrasto sang, ihren Part am lebendigsten.

Frey gab einen stimmlich sehr wandlungsfähigen Adrasto. Sang er anfangs entsprechend seiner Partie mit harter und unnachgiebiger Stimme ("Und unbarmherzig wird sie sein . . ."), so steigerte er sich im Laufe der Aufführung derart, dass seine Arien und Rezitative durch dramatische Gestaltungskraft seines flexiblen Tenors mit zu den packendsten Momenten der Aufführung zählten.

Bass Andreas Burkhart verlieh dem Hohepriester Jojanda seine ausgeglichene und durchwegs brillant geführte Stimme, bestach in Rezitativen und Arien durch formvollendeten Schönklang, wurde aber stellenweise vom Orchester zugedeckt. Tenor Robert Sellier als Sohn Joas überzeugte mit einer weichen und beweglichen Stimme und war immer wieder, ob mit Adrasto oder Sebia ein einfühlsam gestaltender Duettpartner.

Das musizierende Ensemble, Musiker des Georgischen Kammerorchesters und für dieses Projekt dazu gewonnene auswärtige Instrumentalisten, begleitete Solisten und Chor äußerst sensibel und transparent.

Mayrs Werk wird indes im kompositorischen Sinne dem überaus dramatischen Inhalt des Oratoriums eigentlich nicht gerecht. Vielfach unbeschwert und beschwingt klingt die Musik, verspielte Melodien prägen die meisten Arien. Ab und zu rumort es düster im Orchester und am Ende wird es durchaus fulminant, wenn sich Solistenquartett und Chor zusammen mit Stimmgewalt ins Finale werfen, doch menschliches Leid und mitreißende Spannung wurden schon vielfach überzeugender komponiert – insbesondere von Mozart, mit dem man Mayr so gerne vergleicht. Was aber an Dramatik in der Musik steckt, wurde von Hauk gekonnt erarbeitet und umgesetzt.