Krimisonntag
"Tatort": Mysteriöse Entführung

So hat man Kommissarin Lindholm noch nie gesehen

03.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:16 Uhr
Maria Furtwängler ermittelt wieder als Kommissarin Charlotte Lindholm. −Foto: von der Mehden/dpa

Hannover (DK) Sie feiert und tanzt in einem Club, will nur mal kurz austreten. Die Schlange vor der Toilette ist lang, da geht Charlotte Lindholm raus auf den Parkplatz, setzt sich zwischen zwei Autos. Drei Männer beobachten sie, einer zückt sein Handy. Mit den Worten "Findet ihr witzig, ja" stellt die Kommissarin die Typen, es kommt zum Gerangel, das Handy fliegt auf den Boden. Einer der Männer schlägt zu, die Lindholm fällt auf den Boden, er tritt auf sie ein, dann rennen die Täter weg.

So hat man die beliebte Kommissarin noch nie gesehen. Hat die Lindholm sonst meist alles im Griff, ist eher die kühne und kühle Heldin, gerät die Figur im "Tatort: Der Fall Holdt" an ihre physischen und psychischen Grenzen. In ihrem 25. Einsatz ist sie angeschlagen, übermüdet, unkonzentriert und macht Fehler. Sie wird zur Antiheldin in einem mysteriösen Entführungsfall.

In einer niedersächsischen Kleinstadt wird die Frau des Bankiers Frank Holdt gekidnappt. Der soll 300 000 Euro bezahlen und die Polizei heraushalten. Verzweifelt bittet er seine reichen Schwiegereltern um Hilfe. Doch Schwiegerpapa informiert gleich das LKA. Noch bevor die Lindholm die Ermittlungen aufnehmen kann, überbringt Holdt das Geld im Alleingang. Gemeinsam mit der jungen, taffen und ehrgeizigen Kollegin Frauke Schäfer (Susanne Bormann) muss Lindholm die Erpresser aufspüren, ohne das Leben der Geisel zu gefährden. Bald schon gerät Herr Holdt selbst in den Fokus der Ermittlungen.

Bei dieser Geschichte denkt man sogleich an den Fall Maria Bögerl, der vor Jahren die Schlagzeilen beherrschte, aber nie aufgeklärt wurde. Drehbuchautor Jan Braren orientiert sich an dem realen Fall, hat daraus aber ein fiktives Krimidrama über Gewalt, familiäre Enge und das katastrophale Scheitern einer polizeilichen Ermittlung gemacht. Er erzählt das alles stringent und konsequent.

Die "Tatort"-Debütantin Anne Zohra Berrached, die in diesem Jahr für "24 Wochen" den Deutschen Filmpreis in Silber gewann, hat die Story schnörkellos, dicht und spannend inszeniert. Sehr atmosphärisch sind die Szenen im und um das einsam gelegene Haus der Holdts, die Kamera wechselt häufig die Perspektive und die Charaktere sind glaubwürdig und facettenreich. Allen voran der undurchsichtige Frank Holdt, von Aljoscha Stadelmann exzellent gespielt. Und die sonst eher spröde agierende Maria Furtwängler hat man als Lindholm wohl noch nie so gut, weil überraschend und erfrischend anders, gesehen.

 

Der Tatort "Der Fall Holdt" läuft am Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD.