Komponist,
Zwischen Ruhm und Ruin

Jobs sind rar gesät: Profimusiker müssen sich breit aufstellen – so haben sie mehr Aussicht auf potenzielle Aufträge

24.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:04 Uhr

Komponist, Instrumentalist, Produzent: Von einer Karriere als Musiker träumen viele. Doch die Jobs in der Branche sind rar. Mancher kann am Ende des Monats kaum die Miete zahlen. Damit ein Leben für die Musik gelingt, ist es wichtig, sich früh breit aufzustellen.

Jahrelang geübt, geprobt, gespielt: Philip Niessen hat für seinen Berufswunsch Musiker viel getan – und eine Menge erreicht. Er hat mit Künstlern wie Xavier Naidoo, die Fantastischen Vier oder Roger Cicero zusammengearbeitet und war Gitarrist in Stefan Raabs TV-Total-Band Heavytones. Zurzeit spielt er in der Live-Band von „The Voice of Germany“ und geht im Sommer mit Max Herre auf Tournee. Jobs werden dem 41-jährigen Profimusiker dennoch nicht auf dem Silbertablett serviert. „Ich muss sehen, dass der Rubel rollt“, sagt Niessen.

Nach Angaben des Deutschen Musikinformationszentrums (MIZ) immatrikulierten sich 2012 in Studiengängen für Musikberufe 5467 Studienanfänger, davon 1941 für Instrumental- und Orchestermusik. Für das Lehramt Musik an allgemeinbildenden Schulen schrieben sich 811 Personen ein.  „Eine universitäre Ausbildung ist aber weder eine Voraussetzung noch eine Garantie für eine Karriere als Musiker“, erklärt Prof. Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates. Er unterrichtet seit 1986 Violoncello an der Universität der Künste Berlin. Wer sich dafür interessiert, müsse wissen, in welche Richtung es gehen soll. Es gebe Ausbildungen, die von Universitäten, Musikhochschulen, Akademien und privaten Schulen angeboten werden. 

Auch Niessen sieht den Besuch einer Bildungseinrichtung nicht als Bedingung an, um Profi zu werden. Zwar studierte er Gitarre an der Musikschule in Köln und in den Niederlanden am Konservatorium in Arnheim. Beides brach er aber ab. „Das Studium war mir zu theoretisch“, sagt er. „Hätte ich Musiklehrer werden wollen, wäre es vielleicht das Richtige gewesen.“ Er habe lieber Musik gemacht. Als Dozent an der Uni Mainz hielt es ihn nur ein halbes Jahr. 

„Profimusiker begleiten andere Künstler, gehen eigenen Projekten nach, arbeiten als Produzenten oder geben Musikunterricht“, sagt Udo Dahmen. Er ist künstlerischer Direktor und Geschäftsführer der Popakademie Baden-Württemberg. Der Beruf sei ein Mix aus diesen Dingen. „Den Studenten ist klar, dass sie zu bestimmten Phasen in dem einen Bereich mal mehr arbeiten werden als in dem anderen.“ Niessen empfiehlt ebenfalls, sich breit aufzustellen. „Es gibt zwar keine goldene Regel oder eine Art Leitfaden, doch sollten Profimusiker möglichst vielseitig sein“, rät er. So kämen mehr potenzielle Aufträge infrage. Die Jobs in der Branche seien spärlich gesät. Wer sich gegen Mitbewerber durchsetzen will, sollte nicht nur sein Handwerk beherrschen. „Musiker müssen gute Teamplayer sein. Ein Profimusiker beschäftigt sich mit nichts anderem als mit Musik“, sagt Niessen. „Anders funktioniert das nicht.“

Angesichts der prekären Arbeitsbedingungen sei das jedoch schwierig. „Viele Profimusiker verdienen so wenig, dass sie von der Musik allein nicht leben können“, sagt auch Prof. Höppner. Er kenne viele, die sich für einen anderen Beruf entschieden haben, weil sie ihren Lebensunterhalt mit der Musik allein nicht bestreiten konnten. Die meisten Profimusiker sind selbstständig: Die Arbeitsagentur zählte 2013 rund 24 000 Musiker, darunter auch Dirigenten und Komponisten. Von ihnen haben etwa 18 000 einen akademischen oder anerkannten Berufsabschluss. Auch mit den ökonomischen Aspekten wie Musikmanagement und Musikverwertung sollten sich Profimusiker auskennen. „Der Beruf hat auch eine kaufmännische Dimension“, erklärt Dahmen. Profimusiker müssten sich daher auch als Dienstleister verstehen.

Niessen rät angehenden Profimusikern, sich ständig weiterzuentwickeln. „Es gibt Bereiche wie Komposition, Arrangement und Musikproduktion. Da sollte man am Ball bleiben“, sagt er. „Es ist ein lebenslanges Lernen“, ergänzt Prof. Höppner. Dabei dürften Profimusiker die Neugier auf das Unbekannte und die Leidenschaft für die Musik nicht verlieren. dpa