Ingolstadt
"Ich kann mich auch über Stille freuen"

Star-Cellist Daniel Müller-Schott spricht über Fußball, Vorsätze und sein Konzert mit dem Georgischen Kammerorchester

10.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:49 Uhr

Intensive Probenphase: Seit gestern musizieren der Cellist Daniel Müller-Schott und die Musikerinnen und Musiker des Georgischen Kammerorchesters gemeinsam im Kamerariat. Das Saisoneröffnungskonzert beginnt morgen um 20 Uhr im Ingolstädter Festsaal. - Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Durch das Kamerariat in Ingolstadt klingt Musik. Das Georgische Kammerorchester (GKO) probt seit gestern mit einem Weltstar, dem Cellisten Daniel Müller-Schott. Morgens drei Stunden und nachmittags drei Stunden. Mehrere Tage. Müller-Schott ist "Artist in Residence" der neuen GKO-Saison, die mit dem Konzert morgen beginnt.

 

Herr Müller-Schott, was schätzen Sie am Georgischen Kammerorchester?

Daniel Müller-Schott: Mich begeistert, dass die Idee der vergrößerten Kammermusik im Zentrum steht. Das habe ich bei der ersten Zusammenarbeit mit dem Orchester 2008 schon geschätzt. Dass man sehr kommunikativ agiert. Dass jeder Verantwortung übernimmt und jeder auch seinen Part sehr ernst nimmt. Bei einem großen Symphonieorchester kann sich das ein wenig verlieren. Bei einem Kammermusikensemble ist es sehr reizvoll, dass man auf Augenhöhe zusammen musizieren kann.

 

Da passt das Motto des Konzertabends: "Was ist intensiv"

Müller-Schott: Ja, die Zusammenarbeit ist schon intensiv. Und ich freue mich auf diese Tage. Wir werden die Innenstruktur der Werke ausloten, und jeder kann seine Ideen einbringen.

 

Sie haben das Programm zusammengestellt. Welches Werk ist Ihnen besonders wichtig?

Müller-Schott: Alles ist wunderbare Musik. Der Abend beginnt mit dem Streichsextett F-Dur aus Capriccio op 85 von Richard Strauss: ein fast kontemplatives Werk, sehr nachdenklich. Das ist ein guter Einstieg auch für das Publikum, sich einzulassen und in der Musik zu versenken. Im Kontrast dazu dann Tschaikowskys Variationen über ein Rokoko-Thema: sehr virtuos und farbenreich. Mit Ernest Bloch sind wir wieder in der kontemplativen, gesanglichen Welt des Cellos. Und Tschaikowskys "Souvenir de Florence" ist ein musikalisches Feuerwerk. Man kann spüren, wie er sich in Italien von den Eindrücken, den Menschen, dem Essen, der Architektur inspirieren ließ. Das steckt alles in der Musik. Das ist zum Abschluss ein großes musikalisches Fest.

 

Ihr Tourneeplan ist gelinde gesagt dicht. Woher nehmen Sie die Kraft und die Ausdauer?

Müller-Schott: Die Kraft beziehe ich nur durch die Musik selbst. Sie gibt mir die Kraft. Das Musizieren, die Beschäftigung mit Musik und das Leben von Musik ist wie ein Kreislauf. Man gibt Energie ab und bezieht wieder Energie.

 

Wie entspannen Sie sich?

Müller-Schott: Lesen, spazieren gehen, joggen, Fußball spielen, ins Kino gehen. Was jeder andere auch macht. Wenn ich viel reise, besuche ich Museen, weil ich sehr kunstinteressiert bin. Ich schaue auch, dass ich immer wieder Orte finde, die ich schon vorher gesehen habe und die ich mit neuen Erfahrungen füllen kann. All das ist wichtig für das Musizieren, für den Ausgleich. Der Beruf des Solisten ist irgendwie schon Hochleistung. Und man muss darauf achten, dass man physisch fit bleibt, sonst kann man das Pensum nicht so einfach meistern.

 

Hören Sie auch Radio oder andere Musik außer Klassik?

Müller-Schott: Relativ selten, auch wenn ich informiert bin, was gerade im Radio angesagt ist. Ich kann mich aber auch über Stille freuen. Bei mir läuft ja im Kopf im Hintergrund oder im Vordergrund immer Musik.

 

Sie sind bekennender Fußballfan. Welche Parallelen gibt es zwischen einem Fußballspiel und einem Konzert?

Müller-Schott: Wenn man den Aspekt der vergrößerten Kammermusik sieht, dann gibt es Parallelen. Im Sport wie in der Kunst und in der Musik geht es darum, möglichst harmonisch zusammenzuspielen, sich die Bälle zuzuspielen. Man versucht, ein organisches Ganzes zu erlangen. Das ist das Ziel, wirklich eine Einheit zu bilden. Und dafür braucht man die nötige Zeit, sich im Detail in die Musik einleben zu können. Das ist im modernen Kulturbetrieb nicht immer gegeben, aber hier in Ingolstadt wird das mit dem Georgischen Kammerorchester sicher möglich und sehr erfüllend sein.

 

Das neue Jahr ist erst ein paar Tage alt. Gehören Sie zu den Menschen, die Vorsätze fassen?

Müller-Schott: Ich fasse eigentlich jeden Tag neue Vorsätze. Deswegen ist ein neues Jahr nicht so ein großer Einschnitt. Ich versuche eher, jeden Tag Dinge zu überdenken, zu ändern oder zu verbessern.

 

Welche Pläne haben Sie für 2017?

Müller-Schott: In der nahen Zukunft liegen mir einige Projekte besonders am Herzen. Da gehört das Engagement mit den Georgiern dazu. Dann studiere ich neue Werke ein und arbeite mit zeitgenössischen Komponisten. In New York und Chicago habe ich eine Uraufführung. Und sonst? Gut leben und gesund bleiben, das ist das Wichtigste, was man jedem nur wünschen kann. Und gerade in der gesellschaftlichen Situation, in der wir uns gerade befinden, dass wir es schaffen, friedlich zusammenzuleben und viel Empathie für andere Menschen zu haben. Dabei kann die Musik helfen.

 

Die Fragen stellte Katrin Fehr.

 

KONZERTE

Morgen tritt das Georgische Kammerorchester mit Daniel Müller-Schott, der neben dem Solopart auch die Leitung hat, um 20 Uhr im Festsaal des Stadttheaters Ingolstadt auf. Marco Frei gibt um 19.10 Uhr eine Einführung in das Konzert. Die öffentliche Generalprobe findet morgen um 10 Uhr statt. Karten für 7 Euro gibt es eine halbe Stunde vor Beginn an der Kasse im Foyer des Stadttheaters. Der zweite Auftritt von Daniel Müller-Schott mit dem GKO ist am 4. Mai. Karten für beide Konzerte gibt es bei den DK-Geschäftsstellen. Infos auch unter www.georgischeskammerorchester.de.