Ingolstadt
Wenige Knaller bei "Hauptsache, es knallt"

Robert Griess zeigte missionarischen Eifer, doch die Leichtigkeit in seinem politischen Kabarett fehlte in Ingolstadt

15.02.2017 | Stand 23.09.2023, 2:44 Uhr
Brenzlige Themen: Robert Griess in der Neuen Welt. −Foto: König

Ingolstadt (DK) "We're all living in America, America is wunderbar" erklang, und Donald Trump alias Robert Griess betrat zum Hit von Rammstein die Bühne der Neuen Welt. Der Kölner war am Dienstagabend in Ingolstadt bei den Kabaretttagen zu Gast.

Gleich zu Beginn legte er mit den brenzligen Themen los, die ihm unter den Nägeln brannten: Brexit, Fake-News und die bevorstehenden Wahlen in Deutschland. Mit seiner dystopischen Zukunftsvision des Wahlkampfs und des künftigen Ministerkabinetts mit Dieter Bohlen als Kanzler und Fernseh-Schuldnerberater Peter Zwegat als Finanzminister amüsierte er das Publikum. Doch so gelungen der Einstieg war, so stark flachte das Programm nach einigen Minuten ab. Der rote Faden ging irgendwo zwischen einem Auftritt als Angela Merkel und einer Einlage als Hartz-IV-Empfänger verloren.

Der Kölner Kabarettist hatte viele Ideen und schlüpfte in die verschiedensten Rollen, aber es fehlte ein durchgängiger Spannungsbogen, der die politischen Inhalte zu einer Geschichte verbunden hätte. Daher ging es in seinem Programm auf und ab - von langwierigen Monologen bis zu witzigen Passagen, die das Publikum mit spontanem Applaus honorierte. Richtig gut kamen zum Beispiel Griess' kritische Fragen an, die nachdenklich und originell zugleich waren. So stellte er mit einem Augenzwinkern in den Raum, wie man die Aussage Merkels, Demokratie lebe vom Wechsel, vor dem Hintergrund ihrer erneuten Kanzlerkandidatur werten müsse. Derartige Geistesblitze gingen leider viel zu oft unter. Griess verzettelte sich in ambitionierten Reden über politische Zusammenhänge und verpasste dabei immer wieder den pointierten Abschluss.

In seinen kurzen musikalischen Einlagen klappte es mit den Spannungsbögen besser. Griess funktionierte kurzerhand einst kommunistische Lieder zu Propagandasongs der Betriebswirtschaft um. Hier konnte er die Zuschauer sogar zum Mitsingen animieren. In seinem Finale erzählte er schließlich vom großen Drama, das eigentlich in ihm schlummere. Dabei ging es stellenweise schon an die Grenze der Gürtellinie, und manche Gags waren entweder alt oder klangen sehr gewollt.

Etwas verwunderlich war die Bitte, keine Pressefotos oder Videos zu machen, als er im Kaftan und mit orientalischer Mütze bekleidet auftrat. Er sprach dabei von einer "lebensverlängernden Maßnahme, nicht von Zensur". Vielleicht sollte Griess auf diesen Programmpunkt verzichten, wenn er damit nicht an die Öffentlichkeit treten möchte.

Christina König