Ingolstadt
Very British

Das Georgische Kammerorchester brilliert mit Werken englischer Komponisten im Ingolstädter Festsaal

08.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:06 Uhr

Engagiert und charmant: Der Dirigent Vassilis Christopoulos leitete das Georgische Kammerorchester. - Foto: Schaffer

Ingolstadt (DK) Eine Tasse Tee und ein paar Scones - das hätte zum Programm des Georgischen Kammerorchesters Ingolstadt am vergangenen Donnerstag gut gepasst, wenn sein Abo-Konzert zur traditionellen englischen "Tea Time" begonnen hätte: Ausnahmslos Stücke britischer Komponisten präsentierten die Musiker unter der Leitung von Vassilis Christopoulos.

Aber auch ohne Tee und Gebäck zur Abendstunde zeigte das Ensemble im Festsaal des Ingolstädter Stadttheaters eindrucksvoll, dass "klassische" Musik aus dem Vereinigten Königreich vom Beginn des 20. Jahrhunderts weit mehr kann als das weltbekannte Thema der Miss-Marple-Filme, das viele idealtypisch damit verbinden.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass britische Kunstmusik sich oft der Tradition verpflichtet: Barocke Reminiszenzen, Anlehnungen an das englische Madrigal oder an Volksweisen sind nicht selten dort zu finden. Das Georgische Kammerorchester zeigte das eindrucksvoll mit der "St. Paul's Suite" von Gustav Holst. Inspiriert von englischen Tänzen, mit wiegenden Rhythmen, springenden Bögen und schnellen Saitenwechseln - so rasant, fröhlich und frech interpretierte das GKO die schnellen Sätze der Holst-Suite und stellte ihnen das langsame "Intermezzo" kontrastierend gegenüber: Über den Pizzicati seiner Streicherkollegen schwebte die gefühlvolle Solo-Melodie des Konzertmeisters Alexei Tchubini blitzsauber in den höchsten Höhen.

Traditionsreich gestaltet ist auch die "Capriol Suite" Peter Warlocks. Mit "Basse-Danse", "Pavane" oder "Bransles" sind ihre sechs Sätze nach französischen Tänzen aus dem 16. Jahrhundert benannt. Sie erinnern an die höfische Renaissancemusik, wenn sie jedoch voluminöser in der Instrumentierung wirken. Auch bei diesem Stück zeigte das Georgische Kammerorchester Fingerfertigkeit und Fingerspitzengefühl: Die verhaltenen Sätze schwebten auf Klangteppichen durch den Saal, während die raschen nur so davongaloppierten und trotzdem dynamisch fein gestaltet waren. Der letzte Satz, "Mattachins", wies mit seinem fulminanten Schluss mit ungewöhnlichen dissonanten Harmonien aber schon auf das voraus, was britische Kunstmusik noch sein kann außer Tradition: modern und kantig.

In Michael Tippetts "Little Music for String Orchestra € zeigten sich einige dieser Kanten. Ein dramatisches "Prelude" mit fetten Akkorden, bei denen Musiker weit mit ihren Bögen ausholten, eine lebendige, vielschichtige "Fuge", bei der das GKO nie den Faden verlor, eine verhaltene "Air" und ein flottes "Finale" mit moderner Harmonik, das das Orchester mit viel Einsatz präsentierte.

Frank Bridges "Suite for String Orchestra € stellte neben der Tradition auch Bezüge zur Moderne her. Nach einer opulenten Einleitung folgten ein rhythmisch interessantes "Intermezzo", eine spannende "Nocturne" und ein flottes "Finale". Das GKO gab jedem Satz seinen eigenen Charakter und begeisterte das Publikum damit genauso wie bei Benjamin Brittens "Variationen über ein Thema von Frank Bridge". Als Schüler Bridges widmete Britten dieses Werk seinem Mentor und charakterisierte mit jedem Satz eine seiner Eigenschaften: Zupackende Märsche, kantige Walzer, Airas, bei denen die Streicher ihre Instrumente in Gitarren verwandelten, klassische Bourrées, hummelflugartige Sätze oder welche, die nur aus Flageolett-Tönen bestehen - wieder arbeitete das GKO die verschiedenen Nuancen der einzelnen Teile sehr fein heraus. Das war nicht zuletzt das Verdienst des Dirigenten: Vassilis Christopoulos führte das Orchester mit viel Engagement, facettenreich und charmant - eine Zusammenarbeit, die nicht nur den Musikern auf der Bühne Spaß machte, sondern auch dem Publikum, das sich mit einem sehr langen Applaus bedankte.