Ingolstadt
Verschmelzung von Geschichte und Poesie

Maria M. Leonhard las bei den Ingolstädter Künstlerinnentagen aus ihrem Roman "Stern unter den Schönen"

25.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:08 Uhr

Forscherin und Autorin: Maria M. Leonhard. - Foto: Allitera

Ingolstadt (DK) Am Münchner Hof wurde sie als "10. Muse", als "am Leibe eine deutsche Venus, im Geiste eine Sappho", als "Stern unter den Schönen" gefeiert - Baronin Franzisca von Heppenstein, die in Ingolstadt als Ziehtochter des hochgebildeten Aufklärers Johann Adam von Ickstatt aufwuchs.

Diese Huldigung greift der Titel des neu erschienenen Historienromans von Maria Magdalena Leonhard auf, der aus der Perspektive der Protagonistin die skandalumwitterte Familiengeschichte der von Ickstatts schildert - insbesondere die tragischen Umstände, die zum Selbstmord der erst 17-Jährigen Tochter Fanny führten, die sich 1785 vom Nordturm der Münchner Frauenkirche stürzte.

Bereits vor drei Jahren hat die Kunsthistorikerin und Archäologin Maria Leonhard eine fundierte Recherche zum Fall Fanny von Ickstatt veröffentlicht. Vor dem wissenschaftlichen Hintergrund dieser Studien entstand nun in einer Verschmelzung von Geschichte und Poesie ihr erster historischer Roman. Aus ihm las sie nun im Rahmen der Künstlerinnentage im Ingolstädter Barocksaal.

Im Roman nimmt, anders als in der wissenschaftlichen Studie, denn auch der sich zunehmend verdichtende Mutter-Tochter-Konflikt zwischen der schönen, intelligenten, einflussreichen Baronin Franzisca und der bildhübschen, hochbegabten Baronesse Fanny eine zentrale Rolle ein.

In elegant veredelten sprachlichen Bildern ersteht das damalige Hof- und Adelsleben der beiden Hauptschauplätze München und Ingolstadt wieder auf: Noch heute steht das vornehme (leider längst entkernte) Ickstatthaus in der Ludwigstraße der Ingolstädter Altstadt; auch ein Landsitz, die Schwaige in Hundszell mit Kapelle, ist noch erhalten. Hier beginnt die 16-jährige Franzisca eine heimliche Liebesbeziehung zu ihrem Lehrer. Das soll nicht ihre einzige Liaison bleiben: Jahre später stürzt sie sich in eine Affäre mit Franz von Vincenti, dem jugendlichen Verehrer ihrer Tochter Fanny. Die erfährt vom Verhältnis zwischen ihrer Mutter und ihrem Geliebten - das Unheil nimmt seinen Lauf.

Mit historischer Akribie (die sich in eingeflochtenen Originalzitaten und -quellen äußert) und auch beim Vortrag hörbarer literarischer Leidenschaft ist der Autorin nicht nur eine unterhaltsam-niveauvoll erzählte Familientragödie, sondern auch ein ausdrucksstarkes, auf Zeitzeugnissen basierendes Stück regionaler Politik- und Kulturgeschichte gelungen.