Ingolstadt
Verprügelte Instrumente

Tankard und Mambo Kurt und ein Jahresausklang der besonderen Art

01.01.2018 | Stand 02.12.2020, 17:00 Uhr

Mambo Kurt, der König der Heimorgel, durfte in der Ingolstädter Eventhalle eine Stunde lang den Anheizer spielen. - Foto: oh

Ingolstadt (DK) Klarer Fall von "Wer's mag, für den is' das Höchste": Gitarrenstakkato, Schlagzeuginferno, ein Bassspiel quasi völlig ohne filigrane Nuancen und ein Sänger (wobei hier die ans Englische angelehnte Bezeichnung Vokalist eventuell besser passt, weil sie keine Konnotation zum Verb "singen" enthält), der sich die Seele aus dem Leib brüllt: Meine Damen und Herren, das ist Thrash Metal. Thrash lässt sich auf Deutsch übrigens mit "verprügeln" übersetzen und hat vom Wortstamm her absolut nichts mit Trash, Müll, zu tun.

Thrash Metal gibt es seit den frühen 80ern, und die Band, die da auf der Bühne der gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Eventhalle am Westpark steht und, für den Laien mag es so aussehen, ihre Instrumente verprügelt, ist von Anfang an dabei. Kult sozusagen.

Tankard kommen aus Frankfurt und bilden seit Menschengedenken zusammen mit Sodom, Kreator und Destruction die "Big Four" des deutschen Thrash. Und, man mag es kaum glauben: Sie sind Meister ihres Fachs. 2017 hat die Band ihr 35-jähriges Bestehen gefeiert, der Auftritt in Ingolstadt am Abend vor Silvester ist sozusagen der inoffizielle Abschluss der Jubiläumssause. Müdigkeit nach einem konzertreichen, alkoholgeschwängerten Jahr? Keine Spur. Von Tankards Spielfreude können Metallica und Slayer nur träumen.

Zur Freude des fast durchgehend in T-Shirts, die mit krassen Motiven und Bandlogos bedruckt sind, und ansonsten schwarz gekleideten Publikums spielen Tankard nicht nur den Titelsong ihres neuen Albums "One Foot In The Grave", sondern auch Klassiker wie "Die With A Beer In Your Hand", "Rest In Beer", "The Morning After", "A Girl Called Cerveza" und natürlich "Freibier für alle (sonst gibt's Krawalle)". Man könnte Tankard also als Konzeptband bezeichnen, denn das Thema "Bier" zieht sich wie ein roter Faden, oder besser: ein goldgelbes Rinnsal - durch ihr Werk. Damit sind sie in Ingolstadt, der Stadt des Reinheitsgebots, natürlich genau richtig. Zum Abschluss gibt's als Zugabe noch das von den Fans geforderte "Empty Tankard", doch dieser "leere Bierkrug" soll nicht das Motto des Abends sein. Die Party geht für Fans und Band am Tresen weiter.

Begonnen hat die Party ja schon, so unwahrscheinlich es klingen mag, mit dem Anheizer: Mambo Kurt, dem König der Heimorgel. Der spielt Klassiker von "Dancing Queen" bis "Paradise City" und "Killing In The Name" im Seniorenheim-Tanzparty-Stil. Das mag nach absoluter Fehlbesetzung für ein Thrash-Metal-Konzert klingen - aber: Die Metalfans lieben Mambo Kurt. Tankard offenbar auch: Ganze 60 Minuten darf der Alleinunterhalter, der auch schon mal beim Wacken-Festival vor Zehntausenden spielte, auf die Bühne - Vorbands bekommen normalerweise nur halb so viel Zeit zugestanden. Sein erstes Ziel, der Heimorgel wieder ihren verdienten Platz in der populären Musik zu verschaffen, hat Mambo längst erreicht, mit dem zweiten Ziel, die Jugend zum partnerschaftlichen Tanzen zu animieren, tut er sich zumindest in Ingolstadt noch schwer. Dafür werden Lieder wie "Sing Hallelujah", "Smells Like Teen Spirit" oder "Enter Sandman" frenetisch gefeiert. Und bei "Jump" und "Final Countdown" wird dann klar, dass manches, das wir als Hard Rock kennen, ursprünglich für die Heimorgel geschrieben wurde.