Ingolstadt
Süper, süper, cüül

Jubel für das Freilichtspektakel: Mit "Spamalot" setzt das Stadttheater Ingolstadt einen frechen Schlusspunkt hinter die Saison

26.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) "Der schwarze Ritter triumphiert immer!" Hohnlachend schreit er es dem Angreifer ins Gesicht. Dabei hat ihm Artus gerade beide Arme abgeschlagen. "Ach, das ist nur ein Kratzer!", meint der schwarze Ritter. "Der Sieg ist mein!", erwidert König Artus. "Oh, hast du schon genug!", höhnt der Schwarze. "Ist doch nur 'ne Fleischwunde! Ich bin unbesiegbar." "Nein, ein armer Irrer", entgegnet Artus. Und schlägt ihm auch noch beide Beine ab. "Also gut", meint der Ritter und betrachtet unschlüssig seinen Torso: "Einigen wir uns auf unentschieden!"

Es ist eine der berühmtesten Szenen aus Monty Pythons Kultfilm "Die Ritter der Kokosnuss". Und sie beschreibt trefflich den anarchischen Humor der britischen Komikertruppe: absurd, durchgeknallt, jäh, abwegig, aber stets mit einem perfekten Timing.

Vermutlich wird jedem sofort etwas zu Monty Python einfallen: Zitate, abstruse Dialoge, Sketche, surreale Trickfilm-Sequenzen, Ohrwürmer wie "Always Look on the Bright Side of Life". Revolutionär war ihr "Flying Circus", wegweisend, ja stilbildend, was daraus erwuchs. Eine Art "Best of" bietet nun das diesjährige Freilichtspiel des Stadttheaters Ingolstadt mit "Spamalot". Das Musical stammt aus der Feder von Eric Idle (Musik: John Du Prez & Eric Idle), der recht eigenwillig die legendäre Geschichte von König Artus und seiner Gralssuche erzählt, dafür grob bei den "Rittern der Kokosnuss" gewildert hat und den fadenscheinigen Plot mit weiteren skurrilen Monty-Python-Sketchen und -Songs angereichert hat. Vor allem aber wird hier das Musical-Genre inhaltlich, formal und musikalisch parodiert - und das bietet Vollblutschauspielern und -musikern, wie sie das Stadttheater Ingolstadt aufzubieten vermag, Gelegenheit für die ganz große, spektakulär komische Show. Intendant Knut Weber hat "Spamalot" im Turm Baur in Szene gesetzt. Am Freitagabend wurde umjubelte Premiere gefeiert.

Wie immer stellt sich beim Freilicht die spannende Frage, welche Verwandlung der Festungsbau diesmal durchlaufen hat. Heuer ist die Zuschauertribüne so ausgerichtet, dass man auf das Haupttor blickt. Der trutzige Bau dient als Camelot, also Hof des mythischen Königs Artus, kann sich bei Bedarf aber in jede beliebige Burg verwandeln. Hoch über den Wolken thront die 13-köpfige Band, die unter der Leitung von Tobias Hofmann - mit blonden Engelslocken und -flügelchen - himmlisch satten, mitreißenden Broadway-Sound kredenzt. Und Ausstatterin Susanne Hiller hat hinter riesigen, fluffigen Wolkengebilden allerlei technische Spielereien versteckt.

Überhaupt die Bühne: So karg sie auf den ersten Blick mit dem hölzernen Manegenrund wirkt, so überraschend bunt und lebendig wird sie bespielt. Und das ist nicht nur der einfallsreichen Choreografie von Sebastian Eilers zu danken, der das Schauspielensemble mit acht hervorragenden Musicaldarstellern/Tänzern aufgepeppt hat, sondern vor allem Knut Webers Gespür für hinreißend alberne Bildtableaus, die richtige Balance zwischen Spiel- und Tanzszenen, Nonsens-Dialogen und Songs, Close-ups und Cinemascope-Format. Und: allen, die an dieser bombastischen Ausstattung beteiligt waren. Denn "Spamalot" in Ingolstadt lebt von der Pracht der Kostüme (Susanne Hiller, Karoline Schreiber) und der Kunst der Maskenbildner, von Rittergewändern mit leuchtenden Emblemen und schuppigen Fischhüten, von Cheerleader-Fee-Tutus und Wolkenanzügen, von ornamentalen Betonfrisuren und comic-haftem Bartschmuck.

Und lebt natürlich von den Schauspielern, die den unvergleichlich schrägen Humor der Monty Pythons aufs herrlichste bedienen. Vom finnischen Fischwatschentanz über äußerst vitale Pestleichen bis zu den versnobten Franzosen, vom trojanischen bis zum Killerkaninchen, von der glitischigen Tümpeltussi bis zur Kantinenhocker-Diva: Die Truppe agiert mit fröhlicher Verrücktheit, singt, spielt, tanzt umwerfend komisch und setzt Pointen mit hoher Präzision. Wenn Antje Rietz als "Fee aus dem See" auftaucht - mit fabelhafter Föhnfrisur und in atemberaubender Garderobe -, gibt es Szenenapplaus und das Publikum schmachtet. Und weil die Ritterschar um König Artus (Ulrich Kielhorn) nicht nur stimmgewaltig ist, sondern die ständigen Rollenwechsel zur komischen Kunstform erhebt, wird sie am Ende ebenso bejubelt: Michael Amelung, Jörn Kolpe, Péter Polgár und Olaf Danner. Dazu Enrico Spohn als treuer Pferde-Simulator (welch reizen-des Wiehern) und Peter Reisser als Conférencier (very british) und tuntiges Burgherrlein.

Bei all den witzigen Details - Gott spricht etwa mit der Stimme Horst Seehofers (Kabarettist Wolfgang Krebs) - kommt man aus dem Lachen gar nicht mehr heraus. Aber zu viel soll hier gar nicht verraten werden. Nur so viel: Es gibt ein bisschen Lokalkolorit. Und am Ende ein Happy End. Der Gral wird gefunden. Und man kürt den besten Pöbel Ingolstadts.

Das Programmheft zählt auf, wie viele Menschen es braucht, um diese Produktion zu stemmen: Neben den etwa 30 Schauspielern, Sängern, Tänzern und Musikern auf der Bühne noch weitere 90 Menschen (u. a. fünf Maskenbildnerinnen, neun Ankleiderinnen und 14 Beleuchter) - und das jeden Vorstellungsabend. Die Kunst besteht darin, ironisch-elegante Leichtigkeit auf die Bühne zu zaubern - trotz der Hitze.

"Spamalot" ist eine durch und durch gut gemachte, witzige Show, die einen frechen Schluss-punkt hinter eine spannende Theatersaison setzt. Ohne Zugabe lassen die Zuschauer die Akteure auch nach drei Stunden nicht von der Bühne. Also erst mal jubeln und dann alle zusammen: "Always Look on the Bright Side of Life". Der Text liegt dem Programmheft bei.

 

Vorstellungen bis 23. Juli. Karten unter Telefon (08 41) 305 47 200. Die Wetter-Hotline (08 41) 305 47 299 informiert an den jeweiligen Vorstellungstagen ab 18 Uhr, ob die Aufführung stattfinden wird. Mückenschutzmittel nicht vergessen.