Ingolstadt
Suche nach Perfektion

Klarinettistin Annelien Van Wauwe spielte beim Georgischen Kammerorchester Ingolstadt

14.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:18 Uhr

Annelien Van Wauwe gastierte beim Georgischen Kammerorchester und spielte Mozarts berühmtes Klarinettenkonzert A-Dur. - Foto: Schaffer

Ingolstadt (DK) "Was ist perfekt" Dieser schwierigen Frage widmete sich das Georgische Kammerorchester Ingolstadt am Donnerstagabend bei seinem Abonnementkonzert. Unter der Leitung von Dirigent Philipp Pointner und zusammen mit Solo-Klarinettistin Annelien Van Wauwe gingen die Musiker im Festsaal des Stadttheaters dieses Unterfangen an.

Auf dem Programm standen Schuberts 3. Sinfonie D-Dur, Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur und seine Linzer Sinfonie. Ein perfektes Programm? Die einen mögen diese Frage angesichts der runden klassisch-romantischen Stückauswahl bejahen. Die anderen könnten einen Kontrastpunkt im Programm vermissen. Schwierig zu sagen.

Für die Stückauswahl dieses Abends verstärkten Holz- und Blechbläser das GKO. In den dramatischen Passagen von Schuberts erstem und letztem Sinfoniesatz unterstützten sie das Georgische Kammerorchester majestätisch, im tänzerischen Menuetto und im vorsichtigen Allegretto umspielten sich Streicher und Bläser mal gefühlvoll, mal neckisch. Eine perfekte Balance? Für die einen mag das Bassfundament dabei etwas zu zurückhaltend gewesen sein; den anderen mögen die tastenden, forschenden, rasanten und fordernden Passagen perfekt imponiert haben. Nicht leicht zu beurteilen.

Bei Mozarts Linzer Sinfonie hatte sich die Bläserbesetzung etwas reduziert. Nichtsdestotrotz hatten sie wichtige solistische Parts. Die Oboen und Geigen verschlangen im ersten Satz die Melodiebögen ineinander, die Fagotte schmiegten sich im Andante an die Basslinien an. Im Menuetto bedienten Streicher und Bläser abwechselnd die tanzenden Melodielinien, während im finalen Presto Attacke gefragt war: Teilweise flogen die Finger über Saiten und Klappen der Instrumente bei den rasanten Motiven. Perfekte Technik mit perfektem Zusammenspiel? Für diejenigen, die das Gefühl der langsamen Sätze und den Schwung, die Rasanz der schnellen lieben, sicherlich; jene, die Perfektion in Exaktheit messen, mögen ein paar fallengelassene Motivbälle zwischen Streichern und Bläsern bemängeln. Schwierig zu beantworten.

Die Melodieführung von Solistin Annelien Van Wauwe bei Mozarts Klarinettenkonzert war grazil und wendig. Sie überzeugte mit schnellen Läufen in den Ecksätzen und mit gefühlvollen Linien im weltbekannten Adagio. Dabei schien ihr Luftvorrat fast unerschöpflich, so lange Phrasen konnte sie spielen, ohne nachzuatmen. Die Mozartschen Motive strahlten dabei stets über die Begleitung des Georgischen Kammerorchesters, das Annelien Van Wauwe präsent, aber zurückhaltend begleitete. Die Musikerin präsentierte das Kon-zert auf der Bassettklarinette, wofür Mozart es ursprünglich schrieb. Diese Mischung aus Bassetthorn und Klarinette ermöglicht einen großen Tonumfang, den der Komponist auch ausnutzte. Van Wauwe zauberte darauf eine samtige, sonore Tiefe in den Festsaal und wechselte danach sofort in strahlende Höhen. Eine perfekte Klangqualität? Exaktheits-Perfektionisten mögen wieder ein, zwei Tonausrutscher monieren; Liebhaber des weichen, aber flexiblen Klangs, den Van Wauwe zupackend und gefühlvoll präsentierte, werden ein perfektes Stück gehört haben. Nicht einfach zu entscheiden.

"Was ist perfekt" Ein provozierendes Konzertmotto. Die Antwort darauf: Perfektion ist eine Frage der Perspektive. Exaktheit, Gefühl, Präsenz, Schwung - verschiedenste Maßstäbe können an Perfektion angelegt werden. Egal, welchen das Ingolstädter Publikum gewählt hat, sein langer Applaus zeugte davon, dass der Abend den Zuhörer gefallen hat.