Ingolstadt
Partyzone mit Big-Band-Feeling im XXL-Format

Publikum bejubelt die bestens aufgelegte Audi-Bläserphilharmonie Rock- und Popklassiker in großer Orchesterfassung

23.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr

Hervorragend vorbereitet hatte Dirigent Christian Lombardi die Audi-Bläserphilharmonie auf ihren Auftritt beim Open-Air-Sommerkonzert. Der Klangkörper, der auf klassische sinfonische Werke spezialisiert ist, spielte mitreißend Welthits aus Rock und Pop. - Foto: Audi

Ingolstadt (DK) Man stelle sich vor, es ist eine Gartenparty, und alle gehen hin. Ohne Kleidervorschriften, mit Kind und Kegel und der Wolldecke unter dem Arm. Jeder sucht sich ein Fleckchen im Gras, rollt die Decke aus, blinzelt in die Sonne. Die Musik hat der Gastgeber organisiert. Genau so - allerdings um eine gigantische Dimension größer - ist die Stimmung am Freitag beim neunten Klassik-Open-Air der Audi-Bläserphilharmonie im Klenzepark.

11 500 Besucher lagern dicht an dicht auf der kurz geschorenen Rasenfläche, packen ihre Picknick-Delikatessen aus und lassen sich in das Stimmengewirr vor den alten Festungsmauern fallen. Die Musiker der Audi-Bläserphilharmonie und ihr Dirigent Christian Lombardi nehmen fast unbemerkt ihre Plätze auf der überdachten Bühne ein. Sie warten mit ihrem Streifzug durch die Rock- und Pop-Geschichte nicht erst, bis Ruhe einkehrt. Sie verschaffen sich Aufmerksamkeit - mit der vollen Macht ihrer Instrumente samt gigantischer Tontechnik.

Zum Auftakt lassen sie "It's A Hard Days Night" der Beatles über die vielen Tausend Köpfe schallen: Schon sind alle Augen und Ohren auf sie gerichtet. Der musikalische Fahrplan für diesen Höhepunkt des Konzertjahres, zu dem sich das Open Air der Audi-Werksbläser im Klenzepark entwickelt hat, ist klar. Die Spanne reicht von Beat bis Pop, und Moderatorin Antonia Goldhammer von BR-Klassik gibt in charmanter Weise Hintergrundwissen zu den Hits mit auf den Weg. Die musikalische Auswahl ist für das vorwiegend klassisch geprägte 60-köpfige Ensemble eine Herausforderung, denn "Stairway to Heaven" von Led Zeppelin und "Smoke On The Water" von Deep Purple haben vordergründig so gar nichts mit klassischen sinfonischen Werken zu tun. Doch den Musikerinnen und Musikern gelingt das Wagnis vorzüglich, die aufwühlenden Welthits in großer Orchesterfassung anzugehen. Lombardi weiß um die Schlüsselstellen. Er gibt vor allem den Rauchschwaden über dem Genfer See mit massiger Bläserpower und wuchtigen Drums eine glanzvolle Prägung und bewahrt dabei die berührende Unmittelbarkeit der von Deep Purple genial eingefangenen Katastrophenstimmung.

"Wir haben uns sehr oft die Originaltitel angehört, damit es bei uns nicht zu sehr nach Blasorchester klingt. Wir wollten an den Originalsound ran, und nach mehrfachem gemeinsamen Anhören der Originaltitel haben die Musiker das geschafft", verrät Lombardi später im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die so geweckte Sensibilität funktioniert auch für die Disco-Welle. Spätestens beim 70er-Jahre-Hit "Y.M.C.A" der Village People sind die Leute im Gras fasziniert, wie dieser große Klangkörper die schnellen Rhythmen, kurzen Takte und den Esprit der damaligen Zeit zur Partytime am Donau-Ufer neu aufkocht. Und wenn Lombardi die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, dann folgen ihm Tausende Hände im Takt. Die Musik formt eine klassenlose Gesellschaft, zu der die Menschen relaxt in Campingstühlen sitzen oder auf der Wiese liegen, mit nackten Zehen im Takt wippen und barfuß tanzen. So zwanglos wird klassisch aufbereitetes Big-Band-Feeling in XXL-Format sonst nirgends offeriert - es spiegelt schlichtweg die Einzigartigkeit dieser Sommerkonzertreihe.

Die Musiker und ihr Dirigent zeigen in dem Spagat zwischen Pop und Klassik dabei mehrfach ihre Vielseitigkeit, etwa in Michael Jacksons "Thriller" und Leonard Cohens "Hallelujah" beweisen sie, dass sie mit sensiblen Tönen auch Seelen streicheln können. Das Finale der Nacht unter regenfreiem Sternenhimmel läuten sie mit einem Herbert-Grönemeyer-Medley ein. Lange vor den letzten Takten stehen die Menschen auf, applaudieren und jubeln den Musikern zu. Die haben keine Chance, einfach abzutreten. Drei Zugaben müssen sie liefern, bis die Decken wieder eingerollt werden.