Ingolstadt
"Shakespeare muss mich gekannt haben"

Schauspielerin Katerina Jacob spricht über ihre Lieblingsrolle, ihr Tourneeleben und neue Buchpläne Am 2. März gastiert sie in Ingolstadt

21.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:37 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Eigentlich wollte Katerina Jacob Verhaltensforscherin oder Archäologin werden, auf keinen Fall Schauspielerin. Denn das kannte sie ja schon von ihrer Familie: "Ich hatte null Bock auf Existenzängste, 18-Stunden-Tage und das ewige Schlottern: Wer kriegt die Rolle" Aber dann ergatterte die Tochter der Schauspielerin Ellen Schwiers und des Filmproduzenten Peter Jacob mit 15 Jahren ihre erste Filmrolle.

Damit war ihr Berufsweg vorgezeichnet. Neben ihren Arbeiten vor der Kamera (einem breiten Publikum ist sie aus "Der Bulle von Tölz" bekannt) tourte sie 34 Jahre mit dem Tourneetheater "Das Ensemble" quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Von diesen "abgefahrenen" Erlebnissen erzählt Katerina Jacob in ihrem Buch "Alles nur Theater" auf äußerst kurzweilig Weise. Von kaputten Requisiten und Übernachtungen in einem ehemaligen Bordell bis zum Gemenschel unter Kollegen und üblen Krankheiten. Am 2. März gastiert sie damit im Ingolstädter Altstadttheater.
 
Frau Jacob, Sie waren mehr als 30 Jahre unterwegs auf Tournee - trauern Sie irgendwas davon hinterher?

Katerina Jacob: Nur der Bühne. Nichts anderem. Deshalb bin ich auf meiner aktuellen Lesereise fast ausschließlich in Bayern unterwegs. Da kann ich abends immer wieder in mein Häuschen zurückkehren. Es gibt lediglich vier Termine außerhalb Bayerns. Da nehme ich Freunde mit oder versuche, es mit einem kleinen Urlaub zu verbinden. Also: Wenn ich in Bischofswerda auftrete, werde ich anschließend einen Kurztrip nach Prag unternehmen, da war ich nämlich noch nie. So macht eine Tournee Spaß. Aber zwei Tage in Lennestadt im Sauerland zu sitzen - das ist eher das Gegenteil von Spaß.

 

Worüber können Sie heute noch am meisten lachen?

Jacob: Über die Fassungslosigkeit der Kollegen, die zum ersten Mal auf Tournee gegangen sind. Weil die vorher immer dachten, all diese Geschichten, die man so erzählt - von den Städten, den Bühnen, den Hotels, dem Publikum, den Problemen -, seien nichts als Schmäh. Bis sie dann hautnah miterleben mussten, dass all das die reine Wahrheit ist und man nach spätestens zwei Wochen ein psychisch zerrüttetes Wrack ist. Die einen gewöhnen sich daran, die anderen gehen nie wieder auf Tournee.

 

Gibt es einen Ort, den Sie heute boykottieren, weil es so grässlich war?

Jacob: Bayreuth. Die hatten einen Kritiker, der mich hasste. Der schrieb dann Sätze wie: "Trotz dieser grauenhaften Vorstellung von Frau Jacob gab es 15 Minuten Standing Ovations." Ich bin ihm später mal begegnet - ein dicker, widerlicher Typ, der mir vorwarf, ich hätte ihm als 18-Jährige beim Filmfest in Berlin einen Korb gegeben. Hallo!? Es handelte sich definitiv um persönliche Befindlichkeiten. Das ist das Gegenteil von Professionalität.

 

Ihre Tochter Josephine ist - so beschreiben Sie es in Ihrem Buch - ein Tournee-Unfall. Haben Sie gezögert, das in dieser Buch-Form öffentlich zu machen?

Jacob: Sie wusste von Anfang an Bescheid. So mit sechs oder sieben Jahren wollte sie ihren Vater, den Regisseur Oswald Döpke, unbedingt kennenlernen. Sie hat sich richtig aufgebrezelt und ihr rosa Kleidchen angezogen. Als er dann kam, schaute sie ihn nur an, drehte sich auf dem Absatz um und sagte: "Der ist mir zu alt, den will ich nicht." Klar habe ich meiner Tochter gesagt, dass es in meinem Buch auftaucht -, aber das ist 36 Jahre her, da kräht kein Hahn mehr danach.

 

Sie malen - Sie haben an der Münchner Hochschule für bildende Künste studiert -, Sie spielen, Sie schreiben - was davon am liebsten?

Jacob: Auf der Bühne zu stehen, macht schon verdammt viel Spaß. Ich freue mich, wenn das Publikum mitgeht. Dann kann der Abend auch zum Drei-Stunden-Programm ausarten. Ich mache ja keine Lesung. Ich finde Lesungen langweilig und grauenhaft. Deswegen ist es eher ein kabarettistischer Abend. Ich lese vielleicht zwei, drei kurze Auszüge und ansonsten erzähle ich Geschichten, die gar nicht im Buch stehen. Das andere können die Leute ja selber lesen.

 

Was war bisher die beste Rolle Ihres Lebens?

Jacob: Schon die Katharina in "Der Widerspenstigen Zähmung" - weil Shakespeare mich gekannt haben muss, als er diese Furie schrieb.


Welche Rollen möchten Sie unbedingt noch spielen?

Jacob: Die stumme Kattrin habe ich schon gespielt, ich würde auch gerne mal die "Mutter Courage" von Brecht spielen.

 

War das die Rolle, für die Sie nach der Vorstellung erst überschwänglich gelobt wurden, bis der Zuschauer empört feststellte, dass Sie in Wirklichkeit gar nicht taubstumm sind?

Jacob: Nein, das war "Johnny Belinda". Es gibt mehrere Versehrten-Rollen. Aber das war auch toll. Keinen Text lernen zu müssen ist traumhaft.

 

Warum sind Sie eigentlich nach Kanada ausgewandert?

Jacob: Es gibt viel weniger Menschen. Und viel mehr nette Menschen. Es ist anders. Hier in Deutschland ist alles sehr eng. In Vancouver lächeln einen die Leute an, man hat Zeit, ist höflich zueinander. Ich habe zuerst im Wilden Westen gewohnt, mitten in der Pampa. Und wenn 600 Kilometer rechts von einem nichts ist, und dann kommt ein Logger Camp (ein Holzfällercamp), dann ist das schon toll. Viele können das nicht aushalten. Aber jetzt sind wir in die Stadt gezogen - auch wegen der Enkelkinder. Nicht umsonst ist Vancouver fünfmal hintereinander zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt worden. Jetzt ist es allerdings teuer geworden.

 

In Ihrem Buch beklagen Sie, dass Sie Ihre Geburtstage immer in irgendwelchen Hotels feiern mussten, weil Sie ja stets auf Tournee waren. Wie feiern Sie Ihren nächsten am 1. März?

Jacob: Sie werden lachen: Ich weiß es noch nicht. Am 2. März trete ich ja in Ingolstadt auf und am 3. geht's wieder ins Ausland. Ich werde 59, das ist nichts Großes. Keine Ahnung, was ich mache. Ist ja keiner da - außer meinen Hunden.

 

Haben Sie neue Pläne?

Jacob: Ich plane ein neues Buchprojekt. Ich würde gern einen Roman schreiben - zum Thema "Alt werden ist scheiße". Denn in diesem Prozess stecke ich mitten drin - und sehe es auch bei meiner Mutter. Das ist nicht lustig. Wobei: Jede tragische Situation hat auch ihre Komik. Zuerst kann man mal nicht darüber lachen, wenn die demente Großmutter die Buttercremetorte in die Geschirrspülmaschine packt statt in den Kühlschrank. Erst später wird daraus eine Anekdote. Gottseidank ist meine Mutter nicht dement, aber sie wird immer hinfälliger. Irgendwann wird sie auf einen Rollstuhl angewiesen sein. Und ich selber knacke und krache ja schon an allen Enden. Vor Kurzem stand mein fünfjähriger Enkel vor mir und sagte: "Oma, Du musst dringend abnehmen." Ich frage: "Warum" Er darauf: "Es wird sonst zu gefährlich werden beim Trampolinspringen."

 

Dabei ist Trampolinspringen doch eigentlich gut für die Fitness. Heißt es nicht: Zehn Minuten Trampolinspringen ist wie 30 Minuten joggen?

Jacob: Nach meinem letzten Besuch in einem kanadischen Trampolinpark habe ich nicht vor, noch einmal dahin zu gehen. Ich konnte vier Wochen lang kaum sitzen. Die hatten dort diese riesigen Trampolins, wo man irre hoch springen kann. Darauf war ich nicht vorbereitet. Vor allem nicht auf den finalen Sprung in einen Schaumgummipool. Jedenfalls sprang ich falsch - und versank bis zu den Ohren im Schaumgummi. Die mussten einen Kran holen, um mich rauszuholen. Eineinhalb Stunden war diese Trampolinbahn gesperrt. Das war vielleicht peinlich. Die Leute haben sich totgelacht.

Katerina Jacob liest am 2. März um 20.30 Uhr aus ihrem Buch "Alles nur Theater" im Ingolstädter Altstadttheater. Karten gibt es in allen DK-Geschäftsstellen.