Ingolstadt
Rustikaler Charme

Michaela Hafner bei den Ingolstädter Künstlerinnentagen

13.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:41 Uhr

Sprachgewandte Entertainerin: Michaela Hafner - Foto: Erl

Ingolstadt (DK) Niederwinkling ist nicht die Welt. Aber anders als in der großen Welt ist es in Niederwinkling – dem Dorf bei Straubing am Rande des Bayerischen Waldes – auch nicht. Michaela Hafner muss nicht erst in den Großstädten gelebt haben, um die zwischenmenschlichen Minenfelder, Fallstricke und Rivalinnenkämpfe spüren zu können.

Die 35-jährige Nachwuchskabarettistin sucht folglich aus dem trauten Dorf heraus einen Ansatz, die Triebfedern ihrer Mitmenschen, den gewollten Schein und die offensichtlichen Scheinheiligkeiten zu verstehen. Frauen kommen dabei nicht so gut weg, Männer übrigens auch nicht.

Für die Zuschauerinnen in der ausverkauften Neuen Welt und die wenigen Männer ist das kein Problem. Die ersten Spitzen setzt Michaela Hafner als Bauchtänzerin, als Geschenk für den Meier-Otto zu seinem 70. Geburtstag. Mit der Melodie „Mia san vom Woid dahoam“ wärmen die musikalischen Begleiter Mane und Birgit ungewohnt lieblich-idyllisch diesen Auftritt vor.

Aus der erotisch-orientalischen Rolle fällt Hafner jedoch bald in einen kantigen Dorf-Dialekt, denn sie ist auf der falschen Party angekommen. Nun lässt sie ihren Emotionen im Waldler-Slang freien Lauf. Sie schwelgt als Mittdreißigerin in den früheren besseren Zeiten, als Kontakte in verruchten Discos und noch ohne digitale Hilfe angebahnt wurden.

Dennoch ist die sprachgewandte Blondine immer noch auf der Suche nach dem Mann fürs Leben. „Lieber an blöden Hirschen als gar koa pirschen“, sagt sie mit rustikalem Charme, und das Lachen in den Reihen der Frauen kann vielfach gedeutet werden. Doch noch viel lieber als die Sache mit den Männern sind ihr die Querelen, unsichtbaren Kampflinien und terrorisierenden Winkelzüge im ewigen Kampf der Frauen untereinander.

Im zweiten Teil des Abends steht sie im Dirndl als Großbäuerin auf der Bühne, die von der Familie und der Schwiegermutter erzählt. Das Konfliktthema bleibt dasselbe, nur nutzt sie nun den anderen Blickwinkel. Wieder rücken die unsichtbaren Frontverläufe mit der Schwiegermutter, der Schwägerin und selbst mit einer Yogalehrerin in den Mittelpunkt.

Michaela Hafner hat ihre Bühnenkarriere als Amateurschauspielerin begonnen, und so hat sie ein reichhaltiges Repertoire an Schluchz-Variationen und abgestuft schrillem Stimmvolumen. Doch trotz all dieser gern genutzten Modulationsmöglichkeiten und ihres variantenreichen Themas schwingt zwischen den Worten immer die Ehrfurcht mit, die diese Newcomerin aus der Provinz vor so bekannten Bühnen wie in der Neuen Welt immer noch hat. Der Respekt vor manchen Großen des Genres, die hier schon standen, legen ihrem Spielfluss feine Zügel an.

Der Spaßfaktor des Abends bleibt dennoch kontinuierlich auf beachtlich hohem Niveau, allerdings ohne große Ausschläge nach oben oder nach unten. Erst am Ende ihres Programms fallen diese Zügel ab. Sie bleibt noch auf der Bühne, um manche speziellen Dialektbegriffe zu erklären und ein paar Anekdoten aus ihrer bisherigen nebenberuflichen Karriere einzuflechten. Hier ist Michaela Hafner die spritzige, natürliche und mitreißende Entertainerin, die mit frischem Charme die Zuschauer noch einmal fesselt. Der üppige Schlussapplaus und viele lobende Worte bestätigen ihr, dass sie einen Erfolg versprechenden Weg vor sich hat.

Die nächsten Termine der Künstlerinnentage: Lesung mit Stephanie Fey, Landgericht Ingolstadt, 15. Oktober, 19.30 Uhr. Margret Gilgenreiner im Ingolstädter Altstadttheater, 17. Oktober, 20.30 Uhr.