Ingolstadt
Reminiszenzen an die gute alte Zeit

Deutschlands Exportschlager im klassischen Jazz: Die Allotria Jazz Band begeistert im Ingolstädter Audi-Forum

22.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:16 Uhr

Einst waren sie die Hausband der Münchner Jazzkneipe „Allotria“, längst sind sie ein international renommiertes Jazzorchester: Die Allotria Jazz Band gastierte im Audi-Forum - Foto: Löser

Ingolstadt (DK) Wer 40 Jahre Banderfahrung auf dem Buckel hat, der kennt sie noch – die gute alte Zeit des melodisch gestrickten Jazz, der klangvollen Bläsersätze und des homogenen Orchestersounds. Die sieben Herren der Allotria Jazz Band aus München kokettieren sogar ein wenig damit, dass sie fast persönlich an die große Zeit anknüpfen, in der ihr Repertoire verwurzelt ist.

Die Ära der 20er Jahre und weitere Dekaden des letzten Jahrhunderts sind Spielwiese und Tummelplatz, an die allenfalls Bandleader Rainer Sander noch Kind-heitserinnerungen haben mag.

Ihr musikalischer Einstieg am Donnerstagabend im Museum mobile greift vor ausverkauftem Publikum genau hierauf zu. Ihre Frontline mit vier Bläsern nimmt die Leute erst mal in die Gefilde des Swing mit, lässt die schmelzenden Klarinettentöne in die Körper fließen und mit dem flinken Pianospiel von Thilo Wagner charmant und fast schon als klingendes Wellnesspaket wohltuend ausgleiten. Ihre Reminiszenz an die gute alte Zeit bringt den guten alten Jazz samt Bläsersequenzen voller Herz, Fantasie und Können mit: melodisch, rhythmusbetont und einfach urgemütlich zum Zuhören.

Die Band aus München, die sich einst als Hausband des Münchner Jazzlokals „Allotria“ formierte und inzwischen zu einer der profiliertesten traditionellen Jazzbands Mitteleuropas mauserte, ist nach ihrem Konzert im Jahr 2009 zum zweiten Mal hier zu Gast. „Wenn wir mal Audi kaufen, kommen wir vielleicht öfters“, scherzt Sander.

Ihre Fans würden das wohl begrüßen, denn alleine schon die Soli der Akteure lassen immer wieder Szenenapplaus aufbrausen. Vor allem die Trompeter Colin Dawson und Mathias Götz sowie Posaunist Mathias Götz prägen den Sound der Truppe, und nicht selten schnappen sie nach Ende eines Solos mit hochrotem Kopf nach Luft, während ihre Kollegen die Zeit zum nächsten Ansatz mit sattem Sound überbrücken. Mit Thilo Wagner am Piano sitzt ein weiterer hervorragender Virtuose am Tasteninstrument. Und Drummer Gregor Beck hat ohnehin weit mehr zu bieten als nur das rhythmische Grundgerüst für die Band. Sander lässt ihm die Plattform, in anspruchsvollen Alleingängen eine elektrisierende Perkussionsdynamik aus seinen Fellen und Becken zu schlagen.

Nach 40 Jahren Banderfahrung erstaunt es nicht weiter, dass die sieben Instrumentalisten bei aller Individualität und Solistenklasse einen so wundervollen wie von Präzision dominierten Gemeinschaftsklang entwickelt haben. Trotz der Jahrzehnte geben sie Acht darauf, dass ihr Sound nicht dröge, wie ein langweiliger breiter Fluss dahinkriecht, sondern so quirlig sprudelt wie die Quellen. Das Publikum lässt sich davon gerne umschmeicheln, gibt sich der Entspannung hin und spart nicht mit Applaus.