Ingolstadt
Raffinesse aus Papier

Reinhard Wöllmer stellt in der Galerie Mariette Haas in Ingolstadt seine faszinierenden Objekte aus

02.06.2017 | Stand 02.12.2020, 18:00 Uhr

Foto: Johannes Hauser

Ingolstadt (DK) Was es nicht alles für Vereine gibt! Selbst einen für Papierkunst: den kleinen, aber feinen deutschen Scherenschnittverein. Gegründet 1995, schlagen Vorstand und Mitglieder den Bogen von der traditionellen Scherenkunst bis in die Gegenwart, vernetzt sich der Verein mit Museen, ist Plattform und vereint eine Fülle an Künstlern, die mit Papier arbeiten.

Im Künstlerverzeichnis taucht auch Reinhard Wöllmer auf, dessen knallbunte und schwarz-weiße Werke aus Papier derzeit in der Galerie Mariette Haas in Ingolstadt ausgestellt sind. Nach mehreren Auftritten in Gemeinschaftsausstellungen wird der 1957 in Nürnberg geborene Wöllmer nun mit einer Einzelschau gewürdigt. Ein Künstler, der sich seit Jahrzehnten ganz dem Material Papier verschrieben hat, daraus verblüffende, geheimnisvolle, teils meditative und handwerklich erstaunliche Raumobjekte schafft und im weitesten und besten Sinne in der Tradition des Bauhaus, der Konkreten Kunst und der Künstlergruppe Zero steht.

Drei Werkgruppen füllen die hellen Räume der Galerie an der Neubaustraße 2: Wandbeherrschend und raumprägend sind die kreisrunden aus mehreren ineinander verschobenen Scheiben und Formen gearbeiteten Objekte in knalligen Farben. Magenta, Signalrot, Schwefelgelb, Orange oder Grün. Kompakt kommen sie daher, sind wie Metall mit Amboss und Hammer bildhauerisch in konvexe und konkave Form gebracht - und sind doch aus leichtem Material. Eingefärbtes Papiermaché, zu Scheiben gewalztes Papier, das Wöllmer, der an der Akademie in Nürnberg studiert hat, selbst herstellt.

Wöllmer kam durch eine künstlerische Notlage zu seinem Material der Wahl. 1991 während eines Stipendiums in Mazedonien machte ihm die Militärpolizei einen Strich durch seine Pläne, vor allem fotografieren zu wollen. Papier und Farbe waren ebenfalls Mangelware, sodass er aus der Not eine Tugend machte und aus Zeitungspapier Papier schöpfte. Ein Schlüsselmoment in der Karriere des damals noch jungen Künstlers.

Ebenso exakt und variationsreich wie die skulpturalen Wandobjekte sind die puristischen Kreisreliefs, die Wöllmer aber in einen Rahmen packt. Hier spielt er mit geometrischen Formen, setzt feine Striche und Schnitte, bringt den Blick des Betrachters auf die geometrischen Formen in Bewegung.

Bei seinen jüngsten Arbeiten, den "Farbraumreliefs", steigert Wöllmer die Raffinesse. Schwarze, durchbrochene Objekte tauchen Wand und Raum in ein mystisches Licht. So wirkungsvoll, so einfach ist die Lösung dieses schimmernden Rätsels. An die Rückseite des Werks befestigt Wöllmer buntes Papier, das im richtigen Abstand zur Wand reflektiert und leuchtet. Wöllmers Werke bieten in der bestechenden Schlichtheit des Materials eine Fülle an Spielvarianten mit Form, Raum, Farbe und Licht, alles in allem: ein visuelles Abenteuer für den Betrachter.

Galerie Mariette Haas: Reinhard Wöllmer, bis 24. Juni, Mi bis Fr von 14 bis 18 Uhr, Sa 11 bis 15 Uhr. Weitere Informationen unter www.galerie-haas.de" class="more"%>.