Ingolstadt
Mit unbändiger Energie

Rapper Chefket rockt am Freitagabend das Kulturzentrum neun in Ingolstadt

29.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:29 Uhr

Begeisterte das Publikum in Ingolstadt: Rapper Chefket hatte vor seinem Auftritt einen Autounfall. Dennoch verwandelte der Heidenheimer das Kulturzentrum neun schnell in einen Hexenkessel - Foto: bsf

Ingolstadt (DK) Aller guten Dinge sind drei. Keine Frage. Bei der Rhymetime im Kulturzentrum neun auch. Mit den Acts MC Yasha/DJ Holzkrawatte, dicht&ergreifend und Chefket pumpt sich Freitagabend ein durchweg druckvolles, überaus gelungenes Programm aus den Boxen des jungen Veranstaltungshauses. Auch wenn Opener MC Yasha, unterstützt mit Beats von DJ Holzkrawatte, es anfangs trotz tighter Performance und redlicher Mühe um die Gunst des Publikums – eine bemerkenswert freundliche Hartnäckigkeit – noch etwas schwer hatte, die zahlreichen Besucher richtig anzuheizen, hätte man sich wohl kaum einen besseren lokalen Support holen können. Wer kennt das Problem nicht, der Erste beim Gig zu sein?

Persönliche Konflikte, Alltagstristesse und einen Schuss Sozialkritik formt MC Yasha zu sauber vorgetragenen Zeilen, in denen viel schöpferisches Potenzial zu erkennen ist. Danach: Heimvorteil! Oder nicht? Nein, auch ohne eine geradezu fanatische Fangemeinde hätten die Niederbayern dicht&ergreifend den Laden abgerissen. Die klangliche, textliche und technische Kraft der Mundart-Rapper löst nicht zuletzt durch den gelungenen, markerschütternd atmosphärischen Anfangstrack eine wohlige Gänsehaut aus.

Das Konzept, feinfühlig subversive, bairische Texte gegen das selbstgefällige bayerische Establishment, mit Trompete, Basstuba und einem begnadeten Discjockey (DJ Spliff) zu kombinieren, ist ebenso originell wie wirkungsvoll. Selbst wenn Dialekt-Hip-Hop nicht mehr die jüngste Erfindung zu sein scheint, sind dicht&ergreifend definitiv eine Nummer für sich, deren Entwicklung zu verfolgen es sich lohnt. Eine gesunde Mischung aus Humor und bissiger Message – abwechslungsreich, hoch musikalisch mit gewaltigem Flow und unbändiger Energie.

Chefket gehört, das hat er an diesem Abend erneut bewiesen, zu der Sorte Künstler, die ihre Fans definitiv nicht im Stich lassen. Selbst als Hauptact kann nicht jeder behaupten, nach massiver, aber verständlicher Verspätung schließlich im Rollstuhl auf die Bühne geschoben zu werden – Autounfall. „Ich hab mir zwar gerade den Fuß gebrochen, aber trotzdem bin ich der glücklichste Rapper der Welt!“ ruft der sympathische Heidenheimer ins Publikum. Und so gibt es zuletzt noch mal eine astreine, sprachtechnisch schwer beeindruckende Performance. Obwohl die Menge aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit – als Chefket auf der Bühne erscheint, ist es etwa halb Zwölf – und einem großen Anteil eingefleischter dicht&ergreifend-Fans, nicht mehr ganz so energiegeladen wirkt, legt er ordentlich nach.

Und auch Chefket hat Unterstützung mitgebracht. Keyboard, Violine und Backgroundgesang erklingen live, was den ansonsten musikalisch eher szeneüblichen, konventionellen musikalischen Ideen ein klares Upgrade verpasst. Die durch und durch routinierte Bühnenpräsenz des Rappers wird durch seine Bewegungsunfähigkeit nicht im Mindesten geschmälert. Bis zum Schluss zieht er das Publikum mit vor positiver Lebenseinstellung nahezu berstenden, kreativ gesetzten Rhymes in seinen Bann. Ein Gentleman des deutschen Hip-Hop – positiv, intelligent, klar und lässig.