Ingolstadt
Mit Fantasie und Dynamik

Internationale Simon-Mayr-Gesellschaft bringt Oper "Belle ciarle e tristi fatti" auf die Bühne im Ingolstädter Festsaal

06.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:32 Uhr

Originelle Bühnengestaltung: Mit weißen Elementen haben die Sängerinnen und Sänger der Simon-Mayr-Oper "Belle ciarle e tristi fatti" im Festsaal in Ingolstadt gespielt. Die Leitung hatte Andreas Pascal Heinzmann, es musizierte das Georgische Kammerorchester. - Foto: Weinretter

Ingolstadt (DK) Verhaltener Applaus, als das Georgische Kammerorchester den Festsaal im Ingolstädter Stadttheater betritt - denn die Musiker nehmen nicht auf der Bühne Platz, sondern davor. Der Grund: Sie machen die Bretter, die die Welt bedeuten, für die Sänger der Aufführung von Johann Simon Mayrs komischer Oper "Belle ciarle e tristi fatti" ("Süße Worte - bittere Fakten") frei und ziehen sich selbst in einen improvisierten Orchestergraben zurück.

Bei der Ouvertüre der Oper, die einige Tage zuvor in Sandersdorf (Kreis Eichstätt) ihre deutsche Erstaufführung erlebte, erschien dieser Tausch der Orchestermusiker zunächst verwunderlich. Sie hatten einigen weißen Sitzklötzen das Rampenlicht überlassen - die einzige Bühnendekoration, die nach der Ouvertüre fleißig von den Sängern umgebaut wurde. Für eine Farsa, eine zweiaktige komische Oper des frühen 19. Jahrhunderts, nicht ungewöhnlich.

In Anlehnung an das italienische "Berufstheater" der Commedia dell'arte braucht die Farsa wenig Ausstattung, aber viele Klischees und Typen - und davon gibt es eine Menge im Werk des Mendorfer Komponisten: Da sind Don Ciccio und Donna Chiara, die ihre Tochter Dorina zwangsverheiraten wollen, um sich ihre von ihnen bereits durchgebrachte Mitgift zu sparen. Bassbariton Sven Fürst begeisterte dabei mit seiner sonoren Tiefe als einer der besten Sänger als bestimmender Don, während Sabrina Henschke mit ihrem Mezzosopran seiner verschlagenen Gattin eine Stimme verlieh. Für ihren Coup hat das Kaufmannsehepaar den Grafen Meo ausgewählt. Philipp Gaiser verkörperte diesen geldgierigen Gockel überzeugend und strahlend stimmgewaltig. Kaufmannstochter Dorina schwärmt jedoch für Medoro, der aber wegen Standesdünkeln bei der Familie als Schwiegersohn unerwünscht scheint. Christina Bernhardt und Andreas Stauber gaben das verliebte Pärchen charakterstark. Gesanglich blieb Staubers Medoro blasser als Bernhardts Dorina. In diesem Liebesdilemma weiß selbstverständlich die Dienerschaft Rat: Die Angestellten Marianna und Peppino hecken für die Verliebten ein verwirrenden Versteck- und Verkleidungsspiel aus ähnlich wie Mozart in seiner "Hochzeit des Figaro". Während Lemuel Cuento den schalkhaften Lakaien mit warmem Tenor gab, war Karolina Plicková als Zofe der Kopf der listigen Intrige und der Star des Abends: Leicht und zugleich überzeugend zupackend in Gesang und Spiel lebte sie ihre Rolle regelrecht auf der Bühne. Genauso wie beim berühmteren Mozartwerk gibt es auch bei Mayr ein Happy End nach der Intrige: Don Ciccio behält sein Vermögen, und Dorina darf ihren Geliebten heiraten.

Diese plakativen Charaktere hatten Regisseurin Katharina Buzin und Kostümbildnerin Lisa Haselbauer im Kontrast zur kargen Bühne in extravagante Kostüme gesteckt. Die Verliebten gaben die Punks in ausgefransten Jeans, während die Herrschaften in Pannesamt mit Ornamenten gehüllt waren und der Dienerschaft mit harlekinischen Kostümen auch optisch der Schalk im Nacken saß.

Die Internationale Simon-Mayr-Gesellschaft hatte eine Dialogfassung der Farsa mit deutschen Texten erstellt. Der Gesang blieb italienisch und erhielt geschickte Zusammenfassungen in Einblendungen, die wie die Schauspieler an der einen oder anderen Stelle mit einem Augenzwinkern die "vierte Wand" der Aufführung durchbrachen und sich an das Publikum wandten. Ein Stilmittel, das gerne mit etwas mehr Konsequenz hätte eingesetzt werden können.

Das Georgische Kammerorchester begleitete unter die Leitung von Andreas Pascal Heinzmann sorgfältig: Das Timing im Orchester ruckelte ab und an etwas, die Dynamik mit piano und forte arbeiteten die Musiker klangvoll heraus. Der verhaltene Auftrittsapplaus am Beginn schwoll am Ende zu einem lautstarken Klatschen an, mit dem die Zuschauer sich bei den Musikern und den Darstellern für einen launigen, unterhaltsamen Abend bedankten.