Ingolstadt
Märchenhaft gut

Berliner Gastspiel "Die gestiefelte Katze" begeistert in der Werkstatt

19.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Die gestiefelte Katze erklärt dem Müllerssohn ihren Plan: Puppenspieler Daniel Wagner wurde in Ingolstadt bejubelt. - Foto: Zinnecker

Ingolstadt (DK) Irgendwas stimmt nicht. Wieso steht da vorn ein Zauberer? Noch dazu einer, der seine Tricks mehr schlecht als recht beherrscht? Und haben die Gebrüder Grimm nicht von einem gestiefelten KATER erzählt? Hier übernimmt eine weiße Katze das Kommando.

Des Rätsels Lösung: Daniel Wagner, genialer Schauspieler vom Berliner Theater Zitadelle, der am Sonntagnachmittag mit dem Märchenstück im Jungen Theater Ingolstadt zu Gast ist, beginnt einfach mit dem Schluss. Der böse Zauberer Sagrotan ist tot, und der ehemals arme Müllerssohn lebt mit der schönen Prinzessin in seinem Zauberschloss. "Alles meins!", sagt der Müller/Schlossherr, versucht sich erneut an einem Zaubertrick - und erzählt dann, wie das alles kam. Vom Tod des Vaters, vom ungerechten Erbe und wie die Katze ihm schließlich zu Reichtum, einem gefälschten Grafentitel, einer Prinzessin und schließlich diesem Zauberschloss verhalf.

Wahrlich zauberhaft ist dieses Spiel von Daniel Wagner, der alle Rollen übernimmt, große und kleine Puppen tanzen lässt und das bekannte Märchen mit so viel Witz für Jung und Alt erzählt, dass man über die gesamten 50 Minuten aus dem Lachen gar nicht mehr herauskommt. Hier ist der Sensenmann in seiner absonderlichen Konfusion überhaupt nicht furchterregend. Hier tanzt die Katze in ihren neuen Stiefeln Michael Jacksons Moonwalk. Hier verwandelt sich der Karren von "Müller & Söhne" mit einem Handgriff in die hochherrschaftliche Kutsche von "König & Töchter".

Regisseur Pierre Schäfer macht die Räume groß und klein, mischt Erzähltheater mit Figurenspiel und Schattentheater. Und sein Solist Daniel Wagner ist nicht nur ein hervorragender Puppenspieler, er schlüpft auch mit Berliner Schnauze, Lust zur Anarchie und Liebe zum Detail in die unterschiedlichsten Schauspielrollen (Müllerssohn, Schuhmacher, Faktotum des Magiers), hat ein Gespür für Situationskomik und macht sogar aus den Umbauten ein vergnügliches Theatererlebnis. So wird aus dem Tisch, auf dem der alte Müller stirbt, auf dem die Gespräche zwischen Katze und Fritz stattfinden oder die Rebhuhnjagd über die Bühne geht, mit wenigen Handgriffen und mittels Rundbogen das Zauberschloss. Und die große Zaubershow des bösen Sagrotan wird als Schattenspiel mit Schleichlöwe und -elefant zum gruseligen Finale aufgeboten.

Ralf Wagner und Mechtild Nienaber haben deliziöse Figuren geschaffen. Star ist natürlich die titelgebende Katze. Darüber hinaus werden den großen Spielern (Katze und Müllerssohn) Miniaturausgaben zur Seite gestellt. Als solche badet der arme Müllerssohn nackt im See und überlistet die Katze den Zauberer. Wie beides sich mischt und ineinandergreift, ist exquisite Spielkunst - und lustig noch dazu. So schön hat man dieses Märchen noch nie gesehen.