Ingolstadt
Liebe in höchsten Tönen

Südthüringisches Staatstheater Meiningen bringt Knut Webers Inszenierung von "Don Pasquale" nach Ingolstadt

26.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:08 Uhr

Ah, es wird wunderbar! Don Pasquale (Stephanos Tsirakoglou, vorne) ist schon jetzt verliebt in seine unbekannte Braut, die Dr. Malatesta (Marían Krejcík) so überzeugend anpreist. - Foto: foto-ed

Ingolstadt (DK) Das Stück geht so: Alter reicher Geizhals heiratet junge schöne Frau - und stürzt kopfüber in die Ehehölle. Denn die scheint's so Sittsame entpuppt sich prompt als Ausbund an Verschwendungssucht, Vergnügungslust! Und statt Liebeständelein gibt es Boshaftigkeit und Widerworte.

Ja, den Stoff kennt und kann Knut Weber. Begeisterte er doch bereits im ersten Jahr seiner Ingolstädter Intendanz das Publikum mit "Pimpinone", jenem bezaubernden musikalischen Lustspiel von Georg Philip Telemann - welch eine wunderbare, hochkomische, leichtfüßige Inszenierung das war!

Nun freilich gehört das Libretto zu einer anderen Oper und Weber kommt als Gastspiel-Intendant ins eigene Haus: Für das Südthüringische Staatstheater Meiningen inszenierte er 2015 Donizettis Dreiakter "Don Pasquale", den die Thüringer nun für vier Abende auf die große Ingolstädter Bühne stellen. Am Dienstag war Heimpremiere - und was soll man sagen: Sie enttäuschte.

Das ist umso erstaunlicher, da die Produktion in Meiningen geradezu rauschende Erfolge feierte, Bravorufe einfuhr und beste Rezensionen auch. In Ingolstadt indes: lauer Applaus. Für einen Abend, der fast so angestrengt daherkam wie die Heldentenorstimme von Xu Chang.

Dem obliegt in "Don Pasquale" die Rolle des Ernesto, der die arme Norina liebt, mit welcher ihn sein reicher Erbonkel Don Pasquale aber nicht vermählt sehen will - lieber heiratet Pasquale selbst eine angemessene Partie! Also spinnt Ernestos Freund Malatesta flugs eine Intrige, um den Freund zu rächen und ihm Norina doch noch zuzuführen. Die soll, als angebliche Malatesta-Schwester aus dem Kloster, dem alten Geizhals als Gattin untergeschoben werden und sich dann so unmöglich benehmen, dass Don Pasquale gern auf weitere eigene Pläne verzichtet. Norina ist dabei - und was Elif Aytekin aus dieser Rolle macht, ist dann tatsächlich ein Vergnügen. Mit glockenheller, biegsamer Stimme, mit ungeheurer Schauspiellust gibt sie das Nonnenmädel und die Furie. Und spielt bravourös aus, was Weber ihr an Deutung noch ins Rollenbuch schrieb: Keine reine Liebende ist sie in dieser Inszenierung, sondern eine Spielerin und auch Ernesto-Freund Malatesta sexuell nicht abgeneigt. Wenn Norina den alten Pasquale - wie wunderbar, ratlos, jammernd, aufbegehrend, spielt und singt Stephanos Tsirakoglou diesen Hagestolz - schurigelt und quält, dann sind in diesen Szenen tatsächlich Tempo, Witz und abgründige Komik. Wild frische Momente in einer ansonsten sehr statischen Zweieinhalb-Stunden-Angelegenheit.

Woran liegt's? Gewiss nicht an der Ausstattung, deren prachtvolle rote Kostüme Christian Rinke deutlich der Commedia dell' arte entlehnt (und die ein wenig an die des Weberschen "Impressario von Smyrna" dieser Spielzeit erinnern). Nicht an fehlenden Regie-Einfällen: Weber lässt seine Sänger beim Singen ganze Lotterbetten bauen, Kleiderstangen mit buntesten Kostümen von der Decke schweben, er kombiniert Spitzentöne mit Norinas entsetztem Blick auf abblätternden Nagellack und schickt seine Protagonisten fast slapstickhaft wie in einem alten Stummfilm zum ersten Auftritt auf die Bühne. Und doch: Es zündet nicht.

Hatten die Thüringer einfach einen schlechten Tag? Hat die Inszenierung sich verselbstständigt seit ihrer Premiere? War es damals komisch, dass der quietschlila gewandete Xu Chang unbeirrbar von der Rampe singt? Ein Zitat auf frühere Opernzeiten gar? Nun ist es nur ermüdend. Und selbst die wenigen wuseligen Chorszenen (an der musikalischen Umsetzung durch Meininger Hofkapelle und Chor ist nichts auszusetzen), die, in denen ein uniformes Heer rechnungsbewehrter Lieferanten das Haus des armen Don Pasquale überfluten, wirken müd. Genau wie der Applaus am Schluss.

Weitere Aufführung heute und morgen um 19.30 Uhr. Karten an der Theaterkasse und an der Abendkasse. Informationen unter www.theater.ingolstadt.de" class="more"%>.