Ingolstadt
Lauter Stars

Hochkarätig besetzter Electric Jazz im Ingolstädter Diagonal

20.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

Spielerische Eleganz: Bill Evans am Saxofon und im Hintergrund Gitarrist Dean Brown spielen im Diagonal. - Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Von einer "Supergroup", einer ausschließlich mit namhaften Hochkarätern besetzten Formation also, erwartet man automatisch Besonderes. Was bisweilen zu Enttäuschungen führt, weil entweder deren Klasse doch zu gering oder die Erwartungen ganz einfach zu hoch sind.

Im Falle des Quartetts, das an diesem Abend unter der Leitung des Saxofonisten Bill Evans im Diagonal auf der Bühne steht, muss man diesbezüglich keine Bedenken haben. Die Band hat zwar keinen offiziellen Namen, braucht sie aber auch nicht, denn die Namen der beteiligten Musiker sprechen für sich.

Gitarrist Dean Brown (Billy Cobham Group), Bill Evans selbst am Tenor- und Sopransaxofon (Miles Davis), Dennis Chambers am Schlagzeug (Santana) und Darryl Jones (Rolling Stones) würden jeder für sich einen Konzertbesuch lohnen, zusammen freilich ergeben sie eine, wie aus starren Bandgefügen befreite, dem Status des Lohnmusikers entronnene Formation, die endlich Zügel und Fesseln abstreifen kann und genau das tut, was sie am besten kann, nämlich Electric Jazz, Fusion und Instrumentalrock zu spielen, dass einem als Augen- und Ohrenzeuge das Herz aufgeht.


Würde jeder nur für sich lediglich sein Optimum an spielerischer Eleganz und Technik abrufen, hinterließen die vier Beteiligten zwar immer noch einen blendenden Eindruck, aber es fehlte das verbindende Element. Vier meisterliche Solisten ergeben ja beileibe nicht automatisch eine homogene Band. In diesem Fall aber tun sie genau das, nicht nur deswegen, weil sie sich im Laufe ihrer Karriere schon ziemlich oft über den Weg gelaufen sind, sondern weil sie es an diesem Abend ganz einfach wollen. Es macht ihnen so richtig Spaß, es hier und heute ganz gehörig krachen zu lassen. Man sieht es an der Mimik, man hört es an den Stellen, an denen jeder auf jeden eingeht, man spürt es.

Dabei ist im Grunde zweitrangig, wie das Repertoire aussieht. In diesem Fall besteht es zum Großteil aus Stücken von Bill Evans, vor allem aus denen seines neuen Albums "Rise Above", dazu kommen ein paar Nummern von Dean Brown, der den Stammgitarristen Mike Stern - der sich bei einem Unfall kurz vor Tourneebeginn beide Schultern gebrochen hat - glänzend vertritt. Und ganz am Ende, in der umjubelten Zugabe, treffen sich dann alle - trotz aller Individualität hier besonders innig vereint - bei "Jean Pierre" und bei Miles Davis, auf den sie sich alle vier berufen, mit dem Jones und Evans selber in früheren Jahren gespielt haben. Dass dann nachher endgültig Schluss ist, geht völlig in Ordnung, denn welch schönere Rundung könnte es für ein solches Gipfeltreffen geben als die Verbeugung von vier Meisterschülern vor dem gemeinsamen Übervater.