Ingolstadt
Keine Bange vor der Zukunft

Die Newcomer Philip Bölter und Luke Jackson begeistern im Doppelkonzert beim Ingolstädter Bluesfest

27.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Von der Schwäbischen Alb auf die Bluesbühne: Newcomer Philip Bölter lieferte mit seiner hinreißenden Musik eine der großen Überraschungen beim diesjährigen Bluesfest ab. - Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Bei Talenten wie diesen muss man keine Bange um die Zukunft ehrlicher, live gespielter Musik haben, schon gar keine um die, die derzeit unüberhörbar aus dem Nährboden des Folk und Folkrock heranwächst.

Man nehme beispielsweise einen wie Philip Bölter, der auf der Schwäbischen Alb lebt, viel Sinn für die Natur hat und den behutsamen Umgang mit ihr, der in "Big City" die Farbe Grün im Städtebild großer Metropolen einfordert und in "What A Beautiful Day" darüber nachsinnt, wie es wäre, wenn es im irdischen Jammertal mal für einen Tag alles gäbe, nur keine Menschen.

Bölter, ausgerüstet mit Gitarre, Dobro und Mundharmonika am Bügel, ist tief und fest in der Tradition des Folk verankert, aber nicht gestrig. Mit Footbox, verzerrter Stimme und jeder Menge Effektgeräten veranstaltet er gehörig Krach, mit solch exzellenten Stücken wie "Hey Len", das durchaus Neil Young und dessen "Cazy Horse" zur Ehre gereichen würde, sorgt er auch inhaltlich für Aufsehen. Sein Road-Folk, den stets die Aura von Unabhängigkeit, Neugier und Abenteuerlust umgibt, ist sicherlich eine der großen Überraschungen beim diesjährigen Bluesfest.

Eine zweite bei diesem Doppelkonzert in der Neuen Welt folgt gleich auf dem Fuß, als nämlich das Luke Jackson Trio aus dem englischen Canterbury die Bühne betritt. Der ist gerade mal knapp über zwanzig, was man ihm zwar ansieht, aber nicht anhört. Was hat dieser junge Mann für eine Stimme. Zuerst einmal staunt man fast ungläubig über deren Kraft, Klarheit und Intonationssicherheit.

Selbstsicher und fast schon charismatisch fegt Jackson die Einwände von Bedenkenträgern, aus der britischen Folk-Ecke kämen keine neuen Impulse, vom Tisch. Von wegen, Jackson ist einer, der die Szene derzeit im Vorbeigehen aufmischt. Als Sänger, der auch Soul und Rhythm'n'Blues draufhat - und das will was heißen mit diesem Alter -, aber auch als Songwriter. Das hitverdächtige "The Reckless Kind", das bluesige "Ain't No Trouble", das balladeske "The Baker's Woods" und natürlich die wunderschön vorgetragene A-cappella-Nummer im Zugabenteil, die für Ergriffenheit und zugleich Gänsehaut sorgt, sind nur einige Beispiele.

Philip Bölter und Luke Jackson sind zwei Künstler, die zwar jeder auf seine Weise tolle, ja vorzügliche Musik machen, von der breiten Masse aber noch nicht entdeckt wurden. Geben wir es doch zu: Ohne dieses Konzert hätten wir nicht mal von ihrer Existenz gewusst. Auch wegen der von Zeit zu Zeit dringend erforderlichen Horizonterweiterung also sind Festivals wie das Bluesfest in Ingolstadt, die neue Tendenzen früh aufzeigen und Künstler vorstellen, bevor sie massenkompatibel werden, so wichtig. Hoffentlich ist all jenen, die über die weitere Finanzierung des Festivals zu entscheiden haben, diese Tatsache hinreichend bewusst.