Ingolstadt
"Ich wusste immer, dass ich berühmt sein werde"

Die Pianistin Khatia Buniatishvili gastiert mit ihrer Schwester in Ingolstadt Ein Gespräch über Ruhm, Georgien und Geschwisterliebe

01.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:58 Uhr

Khatia (rechts) und Gvantsa Buniatishvili gastieren am kommenden Mittwoch mit einem Bach-Konzert in Ingolstadt. Sie werden vom Georgischen Kammerorchester begleitet. - Foto: Megrelidze

Ingolstadt (DK) Die georgische Pianistin Khatia Buniatishvili ist in Ingolstadt fast schon ein Dauergast. Denn die berühmte Musikerin kommt in der kommenden Woche bereits zum dritten Mal, um mit dem Georgischen Kammerorchester (GKO) zu musizieren. Für das Orchester ist das eine Ehre. Denn die Künstlerin hat eine atemberaubende Karriere hingelegt und zählt inzwischen, zusammen mit Yuja Wang, zu den bedeutendsten Pianistinnen ihrer Generation. Ungewöhnlich ist, dass die Virtuosin diesmal zusammen mit ihrer Schwester Gvantsa auftritt. Im Interview spricht sie über geschwisterliches Musizieren und ihren frühen Ruhm.

 

Frau Buniatishvili, ist es wichtig für Sie, mit georgischen Musikern zu spielen?

Khatia Buniatishvili: Das ist mir sehr wichtig. Ich spiele sehr gerne mit dem GKO, die Musiker haben alle ein großes Talent. Wenn Anfragen von diesem Orchester kommen, sage ich immer sofort ja.

 

Sie leben inzwischen in Paris. Wie wichtig ist Ihnen die Beziehung zu Ihrer Heimat?

Buniatishvili: Sehr wichtig. Frankreich ist ein Land, in dem ich mich inzwischen sehr wohl fühle. Aber Georgien ist meine Heimat. Meine Familie lebt noch dort, so versuche ich natürlich immer, Kontakt zu halten.

 

In Ingolstadt treten Sie zusammen mit Ihrer Schwester Gvantsa auf. Ist es leichter mit der eigenen Schwester zu musizieren als mit anderen Musikern?

Buniatishvili: Ich sehe da keinen großen Unterschied. Jeder Mensch hat seine eigene Individualität, eine eigene Energie. Meine Schwester hat eine große Persönlichkeit, an der man sich reiben kann.

 

Wie würden Sie Ihre Schwester beschreiben? Spielt sie anders Klavier als Sie?

Buniatishvili: Das Spiel meiner Schwester ist schwerer, irdischer, irgendwie erdfarbener. Mein Spiel ist luftiger, aber meine Schwester gibt mir einen festen Grund, eine Basis. Es ist voller warmer Klänge. Sie inspiriert meine Fantasie.

 

Gibt es Konkurrenz zwischen Ihnen?

Buniatishvili: Gar nicht. Aber ich spüre eigentlich überhaupt keine Konkurrenz zu anderen Musikern. Wenn es einen Prozess von Inspiration und Kreativität gibt, hat Konkurrenzdenken keinen Platz. Es geht darum, den Moment zu empfinden.

 

Spielt Ihre Schwester auch Solokonzerte oder tritt sie nur mit Ihnen zusammen auf?

Buniatishvili: Sie gibt manchmal Konzerte, aber nicht sehr oft.

 

Ist das nicht ein Problem, dass Sie so berühmt sind, aber Ihre Schwester nicht?

Buniatishvili: Nein. Solche Probleme existieren für uns einfach nicht. Wir gehen beide unseren Weg, ich als Pianistin und sie auch, aber sie übernimmt zusätzlich noch das Management.

 

Seit wann spielen Sie denn zusammen?

Buniatishvili: Das kann ich gar nicht genau sagen. Ich erinnere mich, dass wir einmal die Bearbeitung für Klavier zu vier Händen einer schönen Arie von Bach öffentlich vorgetragen haben. Da waren wir sieben oder acht Jahre alt. Zu Hause aus Spaß haben wir natürlich schon vorher öfter zusammen Klavier gespielt.

 

Wie wichtig ist es für Sie, eine große Karriere zu machen?

Buniatishvili: Karriere war nie wichtig für mich. Mir war immer nur wichtig, das tun zu können, was ich machen möchte. Und da ist die Karriere natürlich hilfreich. Dadurch habe ich noch mehr Möglichkeiten, mich selbst zu verwirklichen. Letztlich ist die Kunst am wichtigsten. Ich wollte niemals Kompromisse bei der Musik machen. Wenn man etwas liebt, dann kann man das eigentlich überall verwirklichen, dazu bedarf es keiner besonderen Karriere.

Sie sind sehr schnell sehr berühmt geworden. Hat Sie das überrascht?

Buniatishvili: Eigentlich wusste ich immer, dass ich eines Tages berühmt sein werde. So etwas kommt ja nicht einfach so aus heiterem Himmel. Ich war bereits in der Schule sehr populär. Ich wusste, dass ich künstlerisch etwas zu sagen habe. Kunst ist, die eigene Fantasie zu realisieren. Und schon als Kind war mir klar, dass ich nicht nur Fantasie habe, sondern auch die Gabe besitze, sie auf besondere Weise zu verwirklichen. Ich habe das nicht einmal besonders angestrebt. Ich wusste es einfach.

 

Sie spielen ein Konzert von Bach in Ingolstadt. Sollte man Bach nicht auf dem Cembalo musizieren?

Buniatishvili: Nein. Warum? Bach kann man doch auf jedem Instrument spielen. Das ist universelle Musik. Es gibt da keine Grenzen physischer oder emotionaler Art.

 

Das Klavierspiel ist sehr herausfordernd. Bleibt da noch Zeit für etwas anderes in Ihrem Leben? Ein Hobby etwa?

Buniatishvili: Hobbys habe ich keine. Es ist schwer für mich einen Unterschied zu sehen zwischen Hobby und Beruf. Denn alles, was ich mache, mache ich mit großem Interesse und großer Liebe. Mein Ziel ist es, bei all den Dingen, die getan werden müssen, und die oft in unserer heutigen Zeit immer schneller getan werden müssen, so etwas wie innere Ruhe zu finden. Ich möchte unterscheiden lernen, was wirklich wichtig für mein Leben ist und was nicht. Ich muss analysieren, was mein wahrer Rhythmus im Leben ist, selbst wenn ich sehr, sehr beschäftigt bin.

 

Das Interview führte

Jesko Schulze-Reimpell.

 

Khatia und Gvantsa Buniatishvili geben am 7. Dezember, 20 Uhr, zusammen mit dem Georgischen Kammerorchester unter der Leitung von Ruben Gazarian ein Konzert im Ingolstädter Festsaal. Auf dem Programm stehen Klavierkonzerte von Bach und Beethoven sowie die "Eroica". Karten gibt es in den DK-Geschäftsstellen.