Ingolstadt
"Ich wollte das"

Der Ingolstädter Konstantinos Sarropoulos ist Domspatz Gastspiel mit dem Chor im Festsaal

08.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:43 Uhr

Konstantinos Sarropoulos (11) freut sich besonders auf das Konzert der Regensburger Domspatzen in Ingolstadt. - Foto: Schulze-Reimpell

Ingolstadt (DK) Es ist ungewöhnlich, wenn ein neun- oder zehnjähriges Kind freiwillig ein Internat besuchen will. Wenn es die Eltern geradezu dazu drängt. Ein starker Schritt. Der Ingolstädter Konstantinos Sarropoulos ist so ein Kind. Der heute Elfjährige besucht inzwischen das Internat der Regensburger Domspatzen.

Noch als Grundschüler erfuhr er erstmals von diesem sehr speziellen Gymnasium und seiner rund tausendjährigen Geschichte. Von den legendären Knabenchören, die zu den besten der Welt zählen. Aber auch von den Missbrauchsfällen, den Übergriffen einiger Lehrer an dieser Schule, die schon länger zurückliegen und gerade aufgearbeitet werden. Seine Mutter Irmengard hatte ihm davon erzählt. Und auch von einem ihrer Kommilitonen, der das Regensburger Gymnasium besuchte hatte. Der Freund war sehr begeistert, erzählt Konstantinos. Aber niemand konnte sich so richtig vorstellen, dass sich Konstantinos für die Schule entscheiden würde. "Ich habe ihm gesagt: ,Das ist ein Internat, da gehst du bestimmt nicht hin!' ", erzählt seine Mutter. Am Tag der offenen Tür vor zwei Jahren stattete die Familie dann den Domspatzen einen Besuch ab. Der Chor sang, die Familie wurde durch verschiedene Säle geführt, man konnte den Lehrern Fragen stellen, "die Eltern wurden mit Infos vollgestopft", erzählt Konstantinos. Dann ging es ans Vorsingen, die entscheidende Bewährungsprobe. "Es war freiwillig, meine Mama hat mich gefragt", sagt Konstantinos. "Ich wollte das." Er sang "Oh du Fröhliche", musste Intervalle und Tonleitern produzieren und einen Rhythmus klatschen. Nach einer Viertelstunde war alles vorbei und aus Konstantinos wurde ein Domspatz. Die Familie fuhr noch ein weiteres Mal zum Internat, diesmal auch mit Andreas Sarropoulos, dem Vater. "Der fand das toll. Er war nur traurig, dass ich dann weg bin", erzählt sein Sohn.

Die Phasen der Trennung sind für Konstantinos dann doch belastender als zunächst angenommen. "Es gibt viele Momente, da ist es sehr schwer", gibt Konstantinos zu. Da hängt er abends am Telefon und sagt, dass die Entfernung so groß ist. Dass er lieber Tagesschüler sein wollte, um der Familie näher zu sein. Dieser Wunsch lässt sich allerdings kaum verwirklichen, und weil er dort letztlich gerne ist, bleibt er lieber Internatsschüler.

Zum Chorgesang ist Konstantinos beinahe beiläufig gekommen. Vor den Domspatzen hatte er fast keine Erfahrung im Singen. Seit er fünf ist allerdings, bekommt er Klavierunterricht. So steht im Wohnzimmer der Eltern auch ein schöner schwarzer Flügel. In der Familie wird viel musiziert und gesungen, erzählt die Mutter.

Nun begeistert Konstantinos die Musik, auch wenn er selber seine Zukunft eher im Bereich der Naturwissenschaften sieht. Täglich gibt es Chorproben, nicht einmal am Wochenende hat er immer die Gelegenheit, nach Hause zu fahren. Denn abwechselnd haben die Knaben Domdienst, müssen also am Sonntag beim Gottesdienst singen. Die Eltern, die noch zwei weitere jüngere Kinder haben, gleichen das aus und kommen dann wenigstens nach Regensburg, um ihn zu besuchen.

Höhepunkte des Internatslebens sind zweifellos die regelmäßigen Konzertreisen. Konstantinos besuchte so Budapest und Prag sowie etliche deutsche Städte. Demnächst geht es nach Israel. Konstantinos sitzt am Esszimmertisch und erzählt das mit strahlendem Lächeln, begeistert. "Pass bloß auf, dass du nicht in den Stimmbruch kommst", neckt ihn sein Vater.

Natürlich leidet die Schule ein wenig unter den stressigen musikalischen Spitzenleistungen. "Die schulischen Leistungen ließen etwas nach", konstatiert der Domspatz. Aber dann habe er zu Hause viel mit den Eltern gelernt und so wieder aufgeholt.

Ein besonderes Ereignis ist das Ingolstädter Benefizkonzert des ersten Chors unter Leitung von Domkapellmeister Roland Büchner am 22. April. Wichtig ist für Konstantinos, dass Verwandte und Freunde kommen. Lampenfieber wird er bei dem Konzert nicht haben. "Wenn ich wirklich einmal falsch singen würde im Chor, könnte das ohnehin niemand hören", sagt er. Und fügt hinzu: "Wir Domspatzen singen aber sowieso nicht falsch."