Ingolstadt
"Ich brauche mehr Freiraum"

Dirigent Christian Lombardi über seine Entscheidung, den Chefposten bei der Audi-Bläserphilharmonie aufzugeben

10.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:22 Uhr

Dirigieren mit großer Geste: Elf Jahre lang hat Christian Lombardi die Audi-Bläserphilharmonie geleitet. Jetzt verlässt er das Orchester, um mehr Zeit für sich und seine Familie zu haben. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Der Dirigent Christian Lombardi verlässt zum Jahresende die Audi-Bläserphilharmonie. Die Entscheidung des Münchners (Jahrgang 1963) kommt überraschend. Denn die Zusammenarbeit mit dem Ingolstädter Orchester klappt reibungslos und ist erfolgreich. Nun wird Audi die Stelle ausschreiben und einen neuen Dirigenten für das Blasorchester suchen. Wir sprachen mit Lombardi über seinen Abschied, seine langjährige Arbeit mit dem Orchester und seine Pläne.

Herr Lombardi, warum hören Sie nach elf Jahren als Dirigent bei der Audi-Bläserphilharmonie auf?

Christian Lombardi: Das hat zum einen private Gründe. Da geht es auch um den großen Einsatz von Zeit. Es gibt aber auch rein berufliche Gründe. Ich habe eine ganze Menge erreicht mit diesem Orchester. Wir haben momentan eine Situation, in der wir nach wie vor ganz gut miteinander auskommen. Man macht sich natürlich Gedanken über das Ende und wie das aussehen könnte. Und ich finde es besser, wir trennen uns jetzt, bevor wir uns irgendwann doch auf die Nerven gehen.

 

Was hat Ihnen besonders Spaß gemacht beim Audi-Orchester?

Lombardi: Die regelmäßige Arbeit mit den Musikern, die wirklich mit großem Interesse kommen und die Musik aufsaugen. Auch die Zusammenarbeit mit dem Management war sehr erfreulich.

 

Gibt es ein Konzert oder ein Projekt, an das Sie besonders gerne zurückdenken?

Lombardi: Ja. Das Singspiel "Der König der Vögel", das speziell für uns komponiert worden ist und das wir im Theater im Orchestergraben aufgeführt haben. Ein umfangreiches Projekt, sehr viel Arbeit, aber auch für mich als Berufsmusiker war das etwas Außergewöhnliches.

 

Ein Projekt, das ja zeitweilig fast vor dem Scheitern stand.

Lombardi: Es war ein sehr ehrgeiziges Projekt. Und auch die Komposition war für die Musiker manchmal am Rande der Überforderung. Ich hab mich da mit dem Komponisten zusammengesetzt, auf einem Campingplatz, für einen Holländer sicher ein angenehmer Ort, und da haben wir dann die Wogen geglättet.

 

Sie haben auch immer wieder mit bedeutenden Solisten zusammengearbeitet. An welchen Musiker haben Sie eine besonders gute Erinnerung?

Lombardi: An den Oboisten Albrecht Mayer, der ja das Instrument beherrscht, das auch ich beruflich spiele. Aber das war nicht der ausschlaggebende Grund. Es ist einfach seine Art und Weise, auf höchstem Niveau zu musizieren und trotzdem Amateure zu akzeptieren, nicht von oben herab, sondern sehr kooperativ.

 

Sie dirigieren auch das Bundespolizeiorchester. Was ist der Unterschied zwischen Ihren beiden Orchestern?

Lombardi: Die Unterschiede sind gar nicht mal so groß. Das Polizeiorchester ist ein Berufsorchester. Man erreicht da die Programme mit weniger Proben und in kürzerer Zeit. Die Auftragslage ist aber fast gleich: Öffentlichkeitsarbeit für die Organisation, für die man spielt. Deshalb war für mich die Arbeit in Ingolstadt auch immer sehr unkompliziert.

 

Sind Sie eigentlich abonniert auf Blasorchester, oder dirigieren Sie auch normale Symphonieorchester?

Lombardi: In den letzten Jahren war das nicht so oft, aber in meinen Anfangszeiten habe ich schon immer wieder auch Symphonieorchester dirigiert. Das ist für mich auch ein Motiv, die Arbeit bei der Audi-Bläserphilharmonie aufzugeben. Ich will etwas mehr Kammermusik machen, Oboe spielen und nicht immer so festgelegt sein auf die Arbeit mit symphonischen Blasorchestern.

 

Treten Sie noch als Oboist auf?

Lombardi: Ja. Auch in meinem Münchner Orchester spiele ich immer wieder mit. Ich möchte das ausbauen, solange das noch geht. Im Moment fühle ich mich sehr fit. Die nächsten zehn Jahre müsste das auf jeden Fall noch gehen. Ich verlasse Audi übrigens nicht, weil ich irgendein anderes Engagement angenommen habe.

 

Was wollen Sie denn mit der Zeit machen, die Sie nun gewonnen haben?

Lombardi: Ich will mich auch mehr um mich selber kümmern. Man darf auf die Dauer den eigenen Körper nicht überfordern, die Maschine überdrehen. Ich will mehr Sport machen, ich bin zuletzt Bogenschütze geworden. Ich brauche einfach mehr Freiraum für musikalische Projekte. Wenn ich bei Audi engagiert bin, bleiben da kaum Möglichkeiten.

 

Haben Sie Hobbys?

Lombardi: Ja, die sind in den vergangenen Jahren hinzugekommen. Etwa Geocaching. Oder intuitives Bogenschießen, nicht olympisch, sondern eher auf die Natur bezogen.

 

Das Interview führte Jesko Schulze-Reimpell.

 

Das Benefizkonzert der Audi-Bläserphilharmonie zugunsten der DK-Spendenaktion "Vorweihnacht der guten Herzen" findet am 27. Oktober, 19.30 Uhr, im Festsaal des Stadttheaters Ingolstadt statt. Karten gibt es in den DK-Geschäftsstellen und unter Telefon (08 41) 9 66 68 00. Abonnenten des DK erhalten in den Geschäftsstellen einen Rabatt von drei Euro pro Karte.