Ingolstadt
Hoch emotionale Geschichtsstunde

Ana Alcaide singt in der Ingolstädter Neuen Welt sefardische Lieder

24.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:10 Uhr

Mitreißende Weltmusik: Ana Alcaide in der Neuen Welt - Foto: knb

Ingolstadt (DK) Ästhetisch – das ist mit das erste Wort, was einem beim Anblick und Hörerlebnis von Ana Alcaide und ihrem Trio in den Sinn kommt. Elfengleich schwebt die zierliche Spanierin mit ihrer schwedischen Nyckelharpa zu eingespielten mystischen Klängen mit spanischen Sprachfetzen auf die von einem farbenfrohen Teppich bedeckte Bühne der Neuen Welt, um das zahlreich erschienene Publikum für zwei Stunden mit anheimelnder Weltmusik zu verzaubern.

Nicht umsonst landete ihre aktuelle CD „La cantiga del fuego“ auf Platz drei der europäischen Worldmusic-Charts. Viele ihrer Lieder entstammen der sefardischen Kultur, entstanden im mittelalterlichen Spanien mit volksmusikalischen Einflüssen aus Marokko, der Türkei und Griechenland, wohin 1492 die Juden von der iberischen Halbinsel geflohen sind, als das Alhambra-Edikt durch die „katholischen Könige“ erlassen wurde.

Ana Alcaide wird folglich von den beiden Musikern Bill Cooley und Rainer Seiferth auf der Oud oder der Bouzouki begleitet, dazu kommen Psalterium und Gitarre sowie einige Perkussionsinstrumente wie Darbuka, Tamburello oder Udu. Erstaunlich authentisch klingt der Oud-Koffer von Bill Cooley als Cajon-Ersatz bei der Buleria-Nummer „El Romeral“ im 12/8-Takt. Natürlich dürfen auch ein paar schwedische Polkas nicht fehlen, schließlich hat Alcaide die Nyckelharpa, zu deutsch Schlüsselgeige oder Tastenfidel, vor Ort auf der Malmö Academy of Music gelernt.

Egal, ob sefardisch, spanisch oder schwedisch – die Musik von Ana Alcaide ist schwerelos, die drei Saitenvirtuosen harmonieren bestens und lassen die Zuhörer in die Seele europäischer Volksmusik blicken. Zwischen den eingängigen Instrumentalstücken wie „Khun Caravan“ erzählt Ana Alcaide immer wieder, woher die Musik stammt und was es mit dem textlichen Inhalt auf sich hat. So geht es in „La Galana y el Mar“ um eine Tradition der Frauen, vor der Hochzeit im Meer zu baden. „Hixa mia“, gesungen im sogenannten Judenspanisch, handelt von Ratschlägen, die Mütter ihren Töchtern geben und in der wunderschönen 6/8-Ballade „Luna Sefardita“ wird die Legende der Schlüssel von Toledo erzählt, die auch nach Jahrhunderten der Vertreibung noch passen sollen. Und so gibt das Konzert von Ana Alcaide neben einem fantastischen musikalischen Erlebnis eine äußerst interessante Geschichtsstunde ab. Und was eignet sich wohl besser auf der Welt, um lebendige Geschichte zu erzählen, als die Musik, wo neben dem Text durch die Melodien Emotionen von Generation zu Generation transportiert werden.