Ingolstadt
Guy Davis und Fabrizio Poggi in Ingolstadt

28.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Viele Höhepunkte: Guy Davis beim Bluesfest. - Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Um die Jahrtausendwende herum fand eine Erneuerung und Verjüngung des akustisch gespielten Blues und gleichzeitig eine Verknüpfung mit dem Genre der Singer/Songwriter statt. Alvin Youngblood Hart, Eric Bibb und Corey Harris betraten die Szene und mit ihnen - vielleicht der vielseitigste von allen - Guy Davis.

Dieser ist mittlerweile auch ein gefragter Schauspieler in New York am Broadway, weswegen seine Auftritte selten geworden sind. Der Neuen Welt aber ist er von Anfang an verbunden geblieben. Beim Bluesfest-Konzert zusammen mit seinem Partner Fabrizio Poggi sitzt er wieder mal auf seinem Stuhl auf der dortigen Bühne und - in übertragenem Sinne - auf seinem Stammplatz zwischen den Stühlen und fühlt sich dort sichtlich wohl.

Guy Davis hat zwei Gesichter. Das des Geschichtenerzählers, des vom Folk und Leuten wie Bob Dylan und Bob Seeger beeinflussten Songautors, auf dessen Konto etliche Highlights des Abends gehen. Songs wie "Wish I Hadn't Stayed Away So Long" und "She Just Wants To Be Loved", das überragende "Kokomo Kidd" oder die ans Herz gehende Mörderballade "Sugar Belly". In diesen Fällen gibt ihm der Mundharmonika-Spezialist Fabrizio Poggi Kontra, indem er sein Instrument spielt wie einst Dylan oder Neil Young in ihren frühen Tagen.

Geht es freilich um den klassischen Blues als zweite Leidenschaft, wird Poggis Harmonika zur Bluesharp. Davis taucht tief ein ins Delta und lässt die betagten und doch ewig jungen Stücke von Blind Lemon Jefferson, Blind Willie McTell und Sleepy John Estes erklingen. Er donnert auf dem "61 Highway" schnurstracks nach Süden, so legendären Songs entgegen wie dem "Prodigal Son" und dem "Statesboro Blues", das er in exzellenten Coverversionen würdigt.

Es gibt viele Höhepunkte an diesem Abend. Natürlich sind Davis' Eigenkompositionen trotz der originellen Adaptionen fremder Stücke die interessanteren, denn sie verraten am meisten über seine Art zu komponieren, Texte zu schreiben, zu arrangieren. Manch einer im Auditorium mag sogar schade gefunden haben, dass er gar so eifrig covert. Schließlich kennt man als Bluesfan seine Helden von Robert Johnson bis Muddy Waters doch zur Genüge. Braucht es da auch noch die Fassung von Guy Davis?

Man bedenke freilich, dass auch auf Davis' Alben das Mischungsverhältnis von Fremd- zu Eigenkompositionen in etwa ausgeglichen ist, Davis seinem Publikum also genau das bietet, was er vorab verspricht. Mag also sein, dass er auch hier wieder zwischen den Stühlen sitzt. Egal. Das Duo legt zwei packende, kraftvolle Sets hin und fühlt sich pudelwohl. Genau dies tut das Publikum auch.