Ingolstadt
Gewitzt kritisch

Nina Hartmann bei den Künstlerinnentagen

05.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:24 Uhr

Temperamentvoll nahm Nina Hart-mann die digitale Welt und den Zeitgeist aufs Korn. ‹Œ - Foto: Fröhlich

Ingolstadt (DK) Wie leben sie, die jetzt in den 30ern sind, voll vernetzt mit Facebook, WhatsApp und Co. im World Wide Web? Nina Hartmann, österreichische Kabarettistin und Schauspielerin, weiß, wovon sie spricht in ihrem dritten Soloprogramm.

Zumindest nimmt ihr das Publikum am Mittwochabend in der Neuen Welt die rasant erzählten Geschichten gerne ab - so charmant, schräg und genau die Befindlichkeiten und den Zeitgeist treffend schildert und spielt sie ihre Szenen.

Zunächst muss sie ein Handyfoto von sich mit dem Publikum machen. Denn, irgendwelche Lokalitäten wie den Eiffelturm posten könne ja jeder. Ein Foto sei schließlich schnell aus dem Internet kopiert. "Man muss schon selbst drauf sein als Beweis dafür, dass man tatsächlich dort war", sagt sie mit treuherzigem Augenaufschlag. Und erklärt damit, warum es von Posts wie: "Ich mit meinem einzelnen Socken in meiner Wohnung." Oder: "Vor der Tiefkühltruhe bei Aldi" in den sozialen Medien nur so wimmelt. Die hätten sogar die meisten Likes. Allerdings auch die peinlichen Kommentare der Mütter jener Generation, die sich redlich mühen, mit der digitalen Entwicklung und der Generation 2.0 mitzuhalten.

Und ist beim nächsten Thema, das hervorragend zur Reihe "Der Oktober ist eine Frau" passt - Rollenerwartungen und Realität, Mutter-Tochter-Beziehungen. Die gar nicht so fortschrittlich sind. Da könne der Bruder sich im Elternhaus auf die Couch setzen und fragen "Wann gibt es Essen", sie aber nicht. Als Tochter sei sie "dafür gemacht zu helfen". Wobei das weder bei ihr noch bei ihren Freundinnen und deren Müttern konfliktfrei ablaufe. Die Töchter machten es ihren Müttern nie recht. Dabei hätten diese Mütter selbst gegen jene Rollenklischees rebelliert. "Da war meine Oma fortschrittlicher. Sie hat meinem Bruder, weil er der ,Bua €˜ ist, stets mehr Taschengeld gegeben. So habe ich mich daran gewöhnt, dass ich heute für die gleiche Arbeit weniger bekomme als mein Kollege", sagt sie lakonisch.

Natürlich nimmt sie sich der Geschlechter-Beziehungen an. Wie lernt man sich kennen? Online-Dating und Partnerbörsen werden einem vergnüglichen, dabei kritischen Fakten-Check unterworfen, der keine Peinlichkeiten auslässt. Dabei sind es nicht nur ihre Tiroler Sprachmelodie, ihre mitreißende Mimik und ihr voller Körpereinsatz (sie schlägt ein Rad, tanzt und trommelt auf der Bühne), stets hält Nina Hartmann das Niveau, kann das Publikum zustimmend nicken, lachen und nachdenken.

Als Zugabe greift sie auf ihre Modelerfahrungen (und ihr erstes Soloprogramm) zurück, lässt zwei Herren aus dem Publikum drei Catwalk-Styles proben - schließlich soll das Modeln nicht nur jungen Frauen vorbehalten bleiben, und die Herren sollen gleichgestellt sein. Ein rundum gelungener Auftritt.