Ingolstadt
Für Männer eine Tapferkeitsmedaille

01.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:10 Uhr

Charmant, witzig und völlig ohne Starallüren: Amelie Fried - Foto: ahl

Ingolstadt (DK) Manche Männer gehen, manche bleiben. Amelie Fried „weiß nicht, was schlimmer ist“. Die Bestsellerautorin sitzt gut gelaunt auf einem Podest im zweiten Stock der Thalia-Buchhandlung und ist erst mal „baff, dass so viele Männer da sind“. Ein gutes Dutzend, also knapp zehn Prozent des Publikums, dürften es sein. „Sie bekommen eine Tapferkeitsmedaille“, verspricht Fried, „oder hat Ihre Frau Sie bedroht, damit Sie mitgehen“ Noch ein Blick in die Runde, dann will sie wissen, wer von den anwesenden Damen schon über 50 sei. Es ist ganz klar die überwiegende Mehrheit.

20 Jahre liegen zwischen Frieds erstem Bestseller „Traumfrau mit Nebenwirkungen“ und dem Nachfolger „Traumfrau mit Lackschäden“, den sie nun vorstellt. Aus Cora der Traumfrau, die am Abend ihres 30. Geburtstags Torschlusspanik geschoben hat, ist eine 50-Jährige geworden, die sich fragt: „Gibt es etwas, was mit dem Alter besser wird“ Sex jedenfalls nicht, meint Cora. Fried dagegen wird in der abschließenden Diskussionsrunde auf die Frage, ob sie persönlich mit dem Alter hadere, antworten, sie hadere zwar mit allerlei Zipperlein und kämpfe gegen den Zerfall, aber vom Kopf her sei das Leben dank gewisser Altersweisheit doch deutlich entspannter. Ihr Rezept? Humor.

Und davon gibt es reichlich im neuen Werk. Beißende Selbstironie, wenn Cora in den Spiegel schaut und sich fragt, „wie hat es meine Mutter in mein Badezimmer geschafft“. Situationskomik entsteht, wenn sich die Protagonistin in einem Moment vornimmt, sich nie einem anderen Mann als dem eigenen „aus der Nähe und nackt zu zeigen“, und sich im nächsten Moment vom früheren Geliebten Tim die Kleider vom Leib reißen lässt. Urkomisch auch die Szene, als Partnerschaftsvermittlerin Cora eine Klientin im Café trifft und bald vom Schlag getroffen wird, weil es Coras 18-jähriger Sohn Paul ist, der mit der Mittdreißigerin verabredet ist. Woraufhin Cora ihren Rat an Sybille, sich doch schwängern zu lassen, weil der Zeitpunkt für ein Kind nie der richtige sei, sofort widerruft.

Fried schreibt pointiert, höchst lebendig und beweist mit jedem präzise gesetzten Wort große Beobachtungsgabe sowie Gespür für Menschen und Situationen. Wobei insgesamt gesehen Coras Leben schon extrem viele Überraschungen bereithält. Ehemann Ivan nimmt sich aufgrund „einer Art Überdosis von dir und der Familie“ ausgerechnet ab dem Abend ihres 50. Geburtstags eine Auszeit, Freundin Hella hat „ihr Rundumsorglospaket“, den Schokoladefabrikanten Herbert Hennemann, verlassen und Ivans Ex-Frau Katja eine neue Beziehung begonnen – mit einer Tänzerin. Mit diesem Paukenschlag endet die Lesung.

Eine halbe Stunde heiteres Plaudern unter anderem über die Entstehungsgeschichte des Romans folgen, dann liest Fried noch drei ihrer gesellschaftspolitischen Kolumnen als Zugabe für einen rundum gelungenen Abend im Rahmen von „Der Oktober ist eine Frau“.