Ingolstadt
"Es geht um das Auf und Ab"

Vielseitiges Werk, faszinierende Schau: Paul Fuchs stellt in der Städtischen Galerie in der Ingolstädter Harderbastei aus

18.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr

Große Bandbreite: Neben vielen Bronzefiguren hat Paul Fuchs auch diese originelle Spielzeugente aus Holz, Eisen und Leder mitgebracht. Er hat sie 1969 für seinen Sohn zusammengebaut. - Fotos: Eberl

Ingolstadt (DK) Bei der Fülle an Werken hat ein Transporter nicht gereicht. Mit zwei Sprintern und einem Anhänger sind Ingolstädter Kunstbeauftragte in die Toskana zu Paul Fuchs gefahren, erzählt Simon Templer vom Kulturamt der Stadt. Er war dabei und weiß genau, wie schwer manche Exponate sind. Kleine und immens große Werke, fragile Stahlmodelle und massive Skulpturen, selbst gebaute Musikinstrumente und feine Zeichnungen von Paaren, Frauen und Affen, eine aberwitzige Klanginstallation aus Schrott, Fundstücken und Gummistiefeln sowie formreduzierte Bronzeminiaturen haben sie eingepackt und in der Städtischen Galerie in der Harderbastei in Ingolstadt wieder aufgebaut.

Dort ist im Rahmen der "Kunststücke" - eine gemeinsame Reihe des Berufsverbandes Bildender Künstler Oberbayern Nord und Ingolstadt und der Stadt Ingolstadt - die faszinierende Ausstellung des gebürtigen Münchners, der seit den 1990er-Jahren in der Provinz Grosseto lebt und dort den "Giardino dei Suoni", einen Garten der Klänge eröffnet hat, zu sehen: ein Rückblick auf 60 Jahre künstlerisches Schaffen, eine Retrospektive, die mit den aktuellen Werken zeigt, dass der pragmatisch zupackende und gleichermaßen feinsinnige und humorvolle Künstler immer wieder neue Wege geht. Fuchs bleibt sich in und mit diesem beständigen Prozess und Wandel treu. "Langer Atem" hat er die Schau genannt. "Weil es lange dauert, bis man an dem Punkt ankommt, an dem man zufrieden ist", erklärt er. Er sei es aber inzwischen mit diesem in seiner Vielfalt doch homogenen Werk.

Bei der Vernissage mit einer musikalischen Performance mit Paul Fuchs, Hariolf Schlichtig - Professor für Viola an der Musikhochschule München - und Zoro Babel, Klangkünstler und Sohn von Paul Fuchs, waren zahlreiche Freunde und Wegbegleiter des 81-jährigen Künstlers und Musikers anwesend. Denn mit Ingolstadt verbindet ihn viel. "Nur Gutes", wie er sagte. "Ich komme immer wieder gerne hierher." Seit Ende der 1960er-Jahre hat er eine enge Beziehung zu Menschen in der Stadt, pflegt noch immer Freundschaften. Erst traten er und seine damalige Frau Limpe in der Werkstattbühne, vor dem Theater oder im Kunstverein mit ihrem "Anima Sound" auf. Einmal Limpe Fuchs auch nackt, legendär und unvergessen wie wohl viele der anderen experimentellen Konzerte und Workshops des Duos, das auch mit den Musikern Friedrich Gulda oder Albert Mangelsdorff zusammenarbeitete. Später stellte Paul Fuchs in Ingolstadt seine Werke aus und auf, geblieben sind die Großskulpturen aus Stahl, "Auge" und "Rauchsignal", am Donauufer. Erstere ist mit den Jahren so etwas wie eines der Wahrzeichen der Stadt geworden - und ein beliebtes Fotomotiv.

Die schwebenden Zeichen, die federleicht wirkenden Metallskulpturen in vielen Variationen sind wohl die bekanntesten Werke von Fuchs, der an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Heinrich Kirchner studiert hat. Sie recken sich an vielen Orten in den Himmel, zeichnen Kreise, werfen Schatten, halten die Balance in der Luft. Fuchs macht Schweres leicht und schafft aus diesem Gegensatz Neues. Stahl wiegt sich im Wind, manchmal mit leisem Klang. Skulptur und Musik, eine der Konstanten in seinem Leben und Werk. Trotz dieser herausragenden und ausschweifenden Objekte bleibt der gelernte Schlosser geerdet. In Kontakt mit der Natur. Das sei ihm wichtig, sagt er. Ganz genau wollte er es wissen, als er in der Toskana sogar zum Landwirt auf Zeit wurde.

In der Harderbastei hat Fuchs nun eine atelierartige Situation geschaffen. Seine Entwicklung von der Figuration zur Abstraktion und zur Konstruktion der Skulpturen ist nachzuvollziehen. Und seit ein paar Jahren wieder die Hinwendung zum Figürlichen. Auf langen Brettern und einem großen Tisch stehen seine Göttinnen, Kinder und Katzen aus Bronze. Auf schweren Rollwagen sind ein "Mars" aus Bronze und Eisen und roh bearbeitete Betongüsse platziert. Nicht auf Podesten. Im hinteren Raum bewegt sich das Modell für die 16 Meter hohe "Weizenähre", die Fuchs vor zwei Jahren für das Brezelmuseum des Großbäckers Huober im württembergischen Erdmannhausen geschaffen hat. "Es geht um Wachstum, es geht um Leben, um Licht und Feuchtigkeit, es geht um das Auf und Ab."

Harderbastei, Oberer Graben 55, Ingolstadt, bis 11. März. Donnerstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr.