Ingolstadt
Erstaunliche Einsichten

"Der kategorische Imperativ ist keine Stellung beim Sex": Horst Evers begeistert in der Ingolstädter Eventhalle

20.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:27 Uhr

Horst Evers ist ein Meister der kunstvoll in Worte gefassten Groteske. - Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Bei Horst Evers, der an diesem Abend sein Programm "Der kategorische Imperativ ist keine Stellung beim Sex" in der Eventhalle einem restlos begeisterten Kabaretttage-Publikum vorstellt, beginnt alles recht harmlos. Radfahrer trifft auf bildhübsche Verkehrspolizistin, Patient mit gezerrter Rückenmuskulatur bekommt Massage, Herrchen geht mit Riesenköter Gassi.

Diese Themen klingen zugegebenermaßen nicht eben aufregend, werden es aber innerhalb kürzester Zeit, wenn einer wie Evers sich ihrer annimmt.

Der nämlich ist nicht nur ein phänomenaler Erzähler, dem man tagelang zuhören könnte, sondern auch ein Autor, der seine Texte über komplett aus dem Ruder laufende Alltagssituationen so anlegt, dass sie unweigerlich zu Grotesken werden, also aus der realen Welt herauspurzeln und somit eine Komik entfalten, der man sich als Zuhörer weder entziehen kann noch will. Sei es ein Gespräch zwischen erfahrenen Eheleuten beim Frühstück, sei es eine Begegnung an der Supermarktkasse - bei Evers kann man sicher sein, dass die Sache irgendwann umkippt. Meistens passiert dies recht schnell, manchmal sogar mehrmals hintereinander, bisweilen überholen sich die Ereignisse während des Überholvorgangs gleich noch mal.

Evers, der sich in seinen über- und abgedrehten Geschichten pudelwohl fühlt, liest, spielt und präsentiert sie mit schierer Lust nicht nur am Inhalt, sondern auch an der Sprache. Als Berliner verleugnet er die schon immer zur Stadt an der Spree gehörige Schnauze nicht, bedenkt aber auch, dass ein Text in gehobener Sprache viel stilvoller abstürzt als ein beiläufig dahingesagter. Und als Ideenlieferant für verrückte Aktionen ist er sowieso kaum zu toppen. Nicht shoppen gehen, sondern unnützes Zeug von daheim ins Geschäft tragen und dort irgendwo deponieren, Sportarten für sich entdecken, die ohne körperliche Anstrengung funktionieren, den halbfertigen Berliner Flughafen einfach umwidmen und mit vor Stolz geschwellter Brust als Friedhof ausgeben - das hat nicht nur was, sondern wird in Evers' Version zum absoluten Brüller.

Das bewusste Herbeiführen peinlicher Situationen, der souveräne Umgang mit absichtlichen Missverständnissen bei Dialogen, das lustbetonte Philosophieren und Auswalzen abstruser Gedanken, schließlich das herrliche Ansteuern einer Pointe, die dann aber im letzten Moment durch eine mit noch weitaus größerer Fallhöhe ersetzt wird - ja, dieser Künstler, der sich selber ganz bescheiden "Geschichtenerzähler" nennt, dieses Programm und diese zwei Stunden in der Eventhalle haben es wahrlich in sich und machen jede Menge Spaß.

Gut, dass Horst Evers nach langer Kabaretttage-Abstinenz endlich mal wieder in Ingolstadt war.