Ingolstadt
Elegantes Schwelgen

Max Raabe und das Palast Orchester begeistern das Ingolstädter Publikum mit einem hinreißend inszenierten Konzert

17.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:12 Uhr

Bariton mit Gentleman-Qualität: Max Raabe überzeugt mit Stimme, Witz und Stil. Der Frontmann des Palast Orchesters lässt alle Musiker in Soli und Instrumentalstücken ihr Können ausspielen. - Foto: Weinretter

Ingolstadt (DK) "Heute ist ein guter Tag, um glücklich zu sein. Und wenn Sie es heute noch nicht waren, dann sollten Sie zumindest heute Abend ein bisschen glücklicher nach Hause gehen", moderiert Max Raabe kurz an. "Guten Tag, liebes Glück" heißt das erste Lied, das er und sein Palast Orchester anstimmen. Raabe singt gewohnt beweglich und leicht davon, dass das Glück bei ihm auf der Couch sitze, auch vom aufkeimenden schlechten Gewissen, weil das Glück andernorts fehle, um zu hoffen, dass es bliebe. Und er zaubert mit der Schlusszeile - "Wird auch endlich Zeit" - das erste Schmunzeln in die Gesichter des Publikums.

Fast völlig geräuschlos, scheinbar elegant schwebend haben die zwölf Musiker mit Violonistin Cecilia Crisafulli die Bühne des Ingolstädter Festsaals betreten. Den kennen sie gut, sind doch der Bariton und das von ihm 1986 gegründete Orchester seit zehn Jahren hier gern gehörte Gäste. Ihre Fans freuen sich am Donnerstag auf einen Wohlfühlabend.

Zu Recht. Schließlich gelten Max Raabe und das Palast Orchester mit ihren rund 600 Titeln der 20er- und 30er-Jahre sowie mit den im sehr eigenen Stil komponierten Liedern als Garanten für entstaubte Interpretation der alten Schlager und eigenen Lieder auf hohem musikalischen Niveau. Alle sind sie klassisch ausgebildete Musiker. Dazu kommen die Spielfreude, das Augenzwinkern, mit denen sie sich jedem Titel widmen, ihn ernst nehmen, die Melodien und deren Variationsmöglichkeiten bis in furiose Soli (bei denen Raabe sie alle charmant vorstellt) auskosten, zu den Klängen selbst im Takt mitschwingen oder, wie Pianist Ian Wekwerth, ihr eigenes Spiel mit Körperhaltung und Mimik kommentieren. Da schüttelt er sich nach einem besonders schnell gespielten Stück schon mal die Hände aus, wischt sich die Stirn oder begleitet das Musizieren der Blechbläser mit rhythmisch aufgeblasenen Wangen, macht große Kulleraugen, um sich dann wieder tief und mit ernster Miene über die Tastatur zu beugen.

Und natürlich ist es Frontmann Max Raabe, der in seinen Moderationen mit Humor den Text unterstreicht, gleichzeitig nonchalant Abstand zu halten weiß, fragt, warum es in vielen Liedern hauptsächlich ums Kennenlernen und die Annäherungsphase gehe. "Schließlich lernt man sich doch erst kennen, wenn man sich trennt", stellt er trocken fest.

So hält er ein wohltemperiertes Ambiente, egal, ob es um Verliebtheit, Liebe, Liebesschmerz und -leid geht, flicht auch mal Kritisches kurz ein: Die Trennung der Geschlechter in separate Frauen- und Männerräume im Kaufhaus, in Umkleidekabinen, Toiletten, die am Ende ähnlich gehandhabt werde wie die Mülltrennung: "Wenn keiner hinsieht, landet doch alles auf einem Haufen."

Die Titel - auf ihrer "Das hat mir noch gefehlt"-Tour hat das Orchester mit seinem Sänger Wunschtitel der Fans aufgenommen - bewegen sich von Paso Doble, langsamem Walzer und dem dezent-gefühlvoll intonierten Chanson "La Mer" Charles Trenets zur temperamentvollen Reise um die Welt. Da wird das Lied "Kein Schwein ruft mich an" der Comedian Harmonists verbunden mit Walzertakten auf dem Akkordeon, zupft Bernd Hugo Dieterich den Bass im chinesischen Stil, swingt das Orchester im Stil der amerikanischen Big Bands.

Ein Riesenspaß ist das in Szene gesetzte "Wer hat Angst vor dem bösen Wolf". Und zwischendurch gibt es Kostproben des neuen Albums wie der schon im Internet oft geklickte "Der perfekte Moment. . .wird heut verpennt" Gefühlvoll perfekt und gar nicht verpennt erklingt das "Good Night" - als allerletzte Zugabe. Wieder Applaus - auf ein Wiederhören!