Ingolstadt
Ehemalige Bundestagsabgeordnete Agnes Krumwiede ist auch eine ambitionierte Malerin

23.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:31 Uhr

Zwischen Politik und Kunst: »Als meine Mama aus dem Bundestag flog« (oben), »Rumba« (unten links) und »Faltung«, Krumwiedes Auseinandersetzung mit Konkreter Kunst - Fotos: Krumwiede/Dorn

Ingolstadt (DK) „Ich meine es ernst“, sagt Agnes Krumwiede, streckt dabei ihren Körper, um etwas größer zu wirken und blickt entschlossen nach vorne. Sie fühle sich wirklich als Malerin, sagt sie fast trotzig. Auch wenn man ihr das vielleicht nicht so recht abnehmen wolle.

Die Liebe zur Bildenden Kunst kommt in der Tat für Außenstehende etwas überraschend. Denn Agnes Krumwiede ist eher bekannt als Politikerin und Konzertpianistin, Kunst hat sie nie studiert. Zwischen 2009 und 2013 war sie für die Grünen Mitglied des Deutschen Bundestages. Zuvor hat sie das Konzertexamen als Pianistin abgelegt und gründete in Ingolstadt eine Klavierschule.

Die Wende zur Malerei kam nach der Geburt ihres Kindes 2013. Plötzlich war es für Agnes Krumwiede kaum noch möglich, Klavier zu spielen. Also suchte sie nach einer neuen Möglichkeit, sich künstlerisch zu verwirklichen – und begann die Nächte hindurch zu malen. Aber eigentlich griff Krumwiede nur auf eine alte Leidenschaft zurück. Denn gemalt hat sie fast schon immer. In Wahrheit war sie in ihrer Schulzeit sogar zwischen Musik und Kunst hin und her gerissen, erzählt sie. „Als ich mich für das Klavierstudium entschied und nicht für ein Kunststudium, war eine damalige Kunstlehrerin am Gymnasium richtig unglücklich.“

Auffällig war Agnes Krumwiedes Begabung offenbar bereits in der ersten Schulklasse. Die Hausaufgabe, einen Baum zu zeichnen gelang ihr so gut, dass die Lehrerin ihr vorwarf, sich von ihren Eltern zu sehr helfen zu lassen. Später nahm sie als Schülerin immer wieder erfolgreich an Wettbewerben teil.

Ganz aus ihrem Leben verschwand die Kunst niemals. Während ihrer Zeit im Deutschen Bundestag entspannte sie sich gelegentlich vom hektischen Politbetrieb durch Kontemplation vor der Staffelei. Aber so richtig Blut geleckt hat die Ingolstädterin erst in den letzten Jahren. Und entwickelt dabei nach und nach so etwas wie einen eigenen Stil.

In Ingolstadt ist sie eher eine Außenseiterin. Denn mit der hier so geförderten Konkreten Kunst kann sie wenig anfangen. „Das ist nicht meine Richtung“, sagt sie. „Hier kann ich nicht meine Emotionen, meine Sicht von der Welt einfangen.“

2014 reichte sie eine Auswahl ihrer Bilder beim BBK (Berufsverband Bildender Künstler) in Ingolstadt ein und wurde aufgenommen.

Krumwiedes Werke stehen eher in der Tradition des Surrealismus. Die Bilder sind technisch verblüffend präzise gemalt, manchmal fast von fotografischer Exaktheit. Aber sie irritieren, verunsichern den Betrachter. Die Werke, die sich noch mit ihrem politischen Leben in Berlin beschäftigen, erinnern an den Stil Frida Kahlos mit ihren symbolistischen Selbstporträts. Immer wieder sieht die Künstlerin mit großen Augen aus dem Bild heraus den Betrachter an, umlagert von Erinnerungssplittern aus der Welt des Bundestags. Diese Bilder sind leicht zu deuten. Rätselhafter sind andere Darstellungen. Da sieht man etwa ein verzaubertes Haus mit gespenstischen Augen in den Fensterrähmen und einem gefräßigen Mund in der Tür. Oder sie malt einen treu blickenden Hund neben seinem Fressnapf, in dem sich ein nackter Mensch krümmt. Politische Anklage in einer verkehrten Welt.

Am besten sind Krumwiedes Werke, wenn sie sich nicht so leicht entschlüsseln lassen. Etwa ihr Bild eines älteren Tanzpaares im hell erleuchteten nächtlichen Garten. In diesem verschwommenen Linienwerk schwingt vieles mit: Liebe, ein letztes Aufglühen der Lebenskräfte, nächtliche Einsamkeit, Todesangst.

 

Werke von Krumwiede sind derzeit im Ingolstädter Kunstkaufhaus, Ludwigstraße 39, zu sehen.