Ingolstadt
Die andere Edith Piaf

Französische Musik: Die Sopranistin Maria Rosendorfsky gastiert mit dem GKO im Ingolstädter Festsaal

23.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr

Maria Rosendorfsky steht für eine staunenswerte Vielfalt an Rollen und Genres. Am Donnerstag trat sie mit dem Georgischen Kammerorchester in Ingolstadt auf und sang weltbekannte Chansons. - Foto: Schaffer

Ingolstadt (DK) Erstaunlich: Zweimal innerhalb einer Woche steht im Ingolstädter Festsaal bei einem klassischen Konzert französische Musik im Mittelpunkt. Nach dem Ensemble Quatuor Voce Paris beim Konzertverein Ingolstadt nahm sich am Donnerstag das Georgische Kammerorchester (GKO) meist spätromantische Komponisten unseres Nachbarlandes vor.

Vielleicht sind deren Werke doch gar nicht so unterschätzt, wie manche Kenner meinen.

Jedenfalls ist die musikalische Reise in den Süden auch mit einem verblüffenden Klangwechsel verbunden. Das ist besonders zu spüren, wenn beim Liedgesang auch die weich fließende, vokalreiche französische Sprache erklingt. So standen Vokalkompositionen im Mittelpunkt des Konzertabends. Denn der Gastdirigent des Abends, der Ulmer Generalmusikdirektor Timo Handschuh, hatte aus dem Ensemble seines Opernhauses die österreichische Sopranistin Maria Rosendorfsky mitgebracht. Sie sang nicht nur klassische Lieder, sondern auch, mit dem Mikrofon in der Hand, weltbekannte Chansons wie etwa "Non, je ne regrette rien" von Edith Piaf.

Eine gewagte Grenzüberschreitung. Denn für eine klassisch ausgebildete Sängerin ist es nicht nur schwer, ins Fach der populären Musik zu wechseln mit ihren ganz anderen, weniger auf Schönklang bezogenen Anforderungen, sondern die Sängerin tritt auch mit einer berühmten Chansonsängerin gleichsam in Konkurrenz. Niemand weiß genau, wie Arien von Mozart oder Händel klingen sollten, wie Chansons von Piaf sich anhören müssen, weiß jeder, weil sie mit einer bestimmten Sängerin verbunden sind.

Nun: Maria Rosendorfsky hatte die Fähigkeit, innerhalb von Minuten ihrer Stimme ein gänzliches anderes Timbre zu verleihen. Statt allein mit der Kopfstimme, sang sie nun mit viel Bruststimme, der Klang wurde bei den Piaf-Chansons dunkel, kräftig, fast ein bisschen rauchig. Wunderbar! Aber Rosendorfsky wollte natürlich nicht nur die Piaf imitieren, sondern suchte einen eigenen Zugang, der wendiger, differenzierter war. Den durchdringenden, grellen, fast röhrenden Sound der Piaf hat man dennoch ein wenig vermisst. Ähnliches gilt für das GKO, dessen Begleittöne einen allzu zahmen und samtigen Hintergrund bildeten.

Viel wohler fühlte sich Maria Rosendorfsky offenbar bei den Liedern von Erik Satie und besonders bei dem schwermütigen Liederzyklus "Les nuits d'été" von Hector Berlióz. Ihr leichter Sopran ist fast zu schön und zu hell für die tragischen Töne dieser Musik. Und doch: Rosendorfsky glitt so flüssig, so anmutig-melancholisch durch die Melodien, konnte sich so wunderbar auf diese vollmundige, vokalreiche Sinnlichkeit dieser Musik einstellen, dass das Publikum hingerissen war. Aber auch hier spürte man Defizite: Ein größeres, mit Bläsern besetztes Orchester (wie eigentlich vorgesehen) hätte ein noch farbigeres Umfeld geschaffen.

Unproblematischer dagegen die beiden für Streichorchester komponierten, eher klassizistischen Werke des Abends: Die schwermütige "Pavane couleur du Temps" des Franko-Schweizers Frank Martin (dem einzigen Nichtfranzosen des Abends) und Jean FranÃ.aix' "Symphonie d'archets", dessen tänzelnden Drive Dirigent Timo Handschuh besonders elegant zelebrierte. Ein weiterer Farbtupfer im Kosmos der französischen Musik.