Ingolstadt
Die Beobachterin

19.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:55 Uhr

Ingolstadt (DK) Paula Böhm aus Ingolstadt hat mit nur 19 Jahren ihren ersten Roman veröffentlicht. Er trägt den Titel "Das Leben fragt nicht". Nach einem schwierigen Start klappte es beim zweiten Versuch auf Anhieb. Jetzt möchte sie kreatives Schreiben studieren.

Es ist das Erstbeste, was Tyler einfällt: "Die ganze Welt ist ein entscheidendes Vielleicht." Paula Böhm mag solche vertrackten Sätze, die sie den Protagonisten ihres Buches einfach mal so in den Mund legt. Mal abwarten, was sich daraus entwickelt. Es handelt sich um einen Jugendroman mit dem denkwürdigen Titel: "Das Leben fragt nicht". Eine Beobachtung ihrer Generation, so bezeichnet die 19-Jährige aus Ingolstadt das Werk, das sie in nur zwei Monaten niedergeschrieben hat. "Die Geschichte musste einfach raus aus mir."

Ein Jahr ist das nun her. Jetzt hält Paula Böhm glückserfüllt das Taschenbuch mit dem blauen Fleck auf der Titelseite in den Händen und kann es noch gar nicht richtig begreifen. Der kleine Bayerische Poeten- und Belletristik-Verlag in Reichertshofen-Hög hat ihr Erstlingswerk veröffentlicht. "Du wirst nicht reich, aber du kannst in den Europapark fahren", haben Verleger Dominik Neumayr und Gerhard Trautmannsberger ihrer Jungautorin zu den Verdienstmöglichkeiten der schreibenden Zunft gesagt.

Autorin - was für ein ungeheuerliches Wort für die junge Frau, die im Ingolstädter Stadtteil Knoglersfreude aufgewachsen ist und das Katharinen-Gymnasium besuchte, wo ihr Vater Lehrer ist. "Ich bin allerdings nicht gern zur Schule gegangen", gesteht sie. "Für mich war das ein Muss: Das Konzept, zum Lernen gezwungen zu werden, ist nicht meins."

Immerhin: "Ein Lehrer hat mich auf den Pfad gebracht", erzählt die 19-Jährige den Anfang ihrer Geschichte. Sie ist damals in der 9. Klasse und er rät ihr, doch am Schreibwettbewerb für Schanzer Schüler teilzunehmen. Eine Kriminalgeschichte soll es sein. Gesagt, getan. Unter dem Titel "Hast du schon gehört, dass du tot bist" lässt Paula auf zehn Seiten gleich fünf Leute sterben. Das traut man dem jungen Mädchen mit dem unschuldigen Lächeln und dem Puppengesicht gar nicht zu. Prompt landet sie auf dem zweiten Platz in ihrer Altersgruppe. "Dieser Erfolg hat mich bestärkt."

Fortan verfasst die Schülerin kleine Texte und Kurzgeschichten - "für mich selbst, um auszuprobieren, was mein Stil ist". Bald beschließt sie, sich an ein größeres Projekt heranzuwagen - einen ganzen Roman. "Das war ambitioniert. Aber ich hatte endlich mein Hobby entdeckt. Plötzlich wusste ich: Es ist das Schreiben, wonach ich immer gesucht hatte."

Voller Enthusiasmus macht sich die damals 15-Jährige ans Werk: Der Roman soll von einer Dreiecksbeziehung und von Eifersucht handeln. "Ich wusste nicht, wie viel Disziplin es erfordert, so etwas zu schaffen. Ich habe mich richtig zwingen müssen, zu schreiben." Ein Jahr Zeit gibt sie sich, den Roman zu vollenden, doch es will ihr nicht gelingen. "Manchmal habe ich eine Zeit lang pausiert. Aber danach fühlte sich das, was ich vorher zu Papier gebracht hatte, nicht mehr wie ich an." Das Projekt gerät ins Stocken.

Dann geschieht etwas in Paulas Leben: Sie findet neue Freunde. "Die waren ganz anders, und das hat mich fasziniert. Aber dann wurde ich enttäuscht." Mehr möchte sie nicht verraten - nur das: "Am Ende kam etwas Gutes heraus - die Idee für einen neuen Roman." Und diesmal kommen die Worte wie von selbst: "Jeden Tag habe ich mich nach der Schule hingesetzt und geschrieben. Meine Eltern haben sich gewundert, dass ich nicht mehr aus dem Zimmer kam." Sie lernt nicht einmal mehr für das bevorstehende Abitur: "Aber das war es mir wert."

In dem Roman erzählt Paula Böhm die Geschichte des 17-jährigen Tyler - eines verschlossenen Teenagers, der keine Freunde hat und nicht so auf Partys steht. "Das soll die beste Zeit meines Lebens sein", fragt er sich. Tyler hat Angst davor, erwachsen zu werden - so spießig wie seine Eltern. Dann trifft er ein Mädchen, das ihn einschüchtert und zugleich fasziniert. Mit May bricht Tyler aus seinem eintönigen Alltag aus und fühlt sich plötzlich lebendig: Sie ist ein Rätsel für ihn, das er unbedingt entschlüsseln will. Dabei kommt auch der blaue Fleck ins Spiel. "Mich hat es gereizt, die Geschichte aus der Perspektive eines Jungen zu erzählen. Die Herausforderung habe ich genossen", meint die 19-Jährige.

Kurz vor den Abiturprüfungen beendet sie ihren Roman und legt gleich nach: Unter dem Titel "Das kann doch kein Zufall sein" reicht sie eine Kurzgeschichte für einen Wettbewerb im Rahmen des Festivals "Literapur" der Universität Eichstätt ein und gewinnt in der Kategorie Schüler. Als sie dann noch erfährt, dass ihr Roman tatsächlich verlegt wird, steht fest: Sie will Schriftstellerin werden.

Paula Böhm trägt immer ein Notizbuch mit sich herum: "Wenn ich auf einer Party Leute beobachte, auf ein Festival gehe oder mir beim Shoppen etwas einfällt - ich schreibe alles auf." Auch die Spaziergänge mit ihrem Hund inspirieren sie: "Dabei habe ich den Prolog für meinen Roman als Sprachnachricht auf dem Handy aufgenommen." Paula Böhm arbeitet schon an ihrem nächsten, möchte aber nichts verraten. "Dann klappt es mit dem Schreiben nicht", meint sie. Ab Oktober will sie in Leipzig kreatives Schreiben studieren. Sie sehnt sich danach, dort Gleichgesinnte zu treffen. "Denn Schreiben ist ansonsten ein einsames Hobby, leider."

Wer Paula Böhm und ihren Roman kennenlernen will: Am Freitag, 14. Juli, liest sie ab 19.30 Uhr in Vronis Ratschhaus in der Ingolstädter Donaustraße aus ihrem Buch.