Ingolstadt
Das Ende einer langen Ära

Seit 42 Jahren ist Stephan Reil Mitglied des Ingolstädter Kammerorchesters – Am Samstag dirigiert er sein Abschiedskonzert

23.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

„Ich will noch einmal etwas anderes tun“, sagt Dirigent Stephan Reil. Am Samstag gibt er sein letzte Konzert mit dem Ingolstädter Kammerorchester - Foto: Rössle

Ingolstadt/Eichstätt (DK) Jubiläum und Abschied: Gleich zwei wichtige Ereignisse betreffen das wohl bekannteste Amateur-Orchester der Region: das Ingolstädter Kammerorchester. Es feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen; und es nimmt Abschied von seinem langjährigen Chefdirigenten Stephan Reil. Am morgigen Samstag, 20 Uhr, gibt der Eichstätter Gymnasiallehrer sein letztes Konzert mit dem Orchester.

Reils Abschied kommt nicht völlig überraschend. Der Dirigent hat fast die Hälfte seines Lebens das Kammerorchester geleitet – 28 Jahre lang, jetzt ist er 58. Aber seine Beziehung zu dem Ensemble ist noch viel älter: Mit 16 hat er in dem Orchester als Geiger angefangen, drei andere Orchesterleiter hat er erlebt: Zunächst spielte er noch unter Wilhelm Dinges, dem Gründungsdirigenten des Orchesters, später erlebte er zwei Jahre lang Klaus W. Sporer und dann zehn Jahre lang Konrad Caspar.

Heute fühlt Reil sich erschöpft: „Ich will noch einmal etwas anderes im Leben tun“, sagt er. Die Proben, die Vorbereitungen der Konzerte wurden für ihn zuletzt immer mehr zur Belastung. „Ich konnte nachts manchmal schon nicht mehr schlafen“, erzählt er. Außerdem fürchtet er, dass ihm allmählich die Ideen ausgehen. 56 Konzertprogramme hat er gestaltet, mit unzähligen Solisten zusammengearbeitet. Immer musste er dabei beachten, was für Stücke wirklich für ein gutes Laienorchester zu bewältigen sind, welche Werke beim Publikum und den Musikern ankommen und welche Projekte überhaupt bezahlbar sind. Irgendwann wurde ihm das alles zu viel.

Die frei werdende Zeit will Reil, der als Musiklehrer am Eichstätter Gabrieli-Gymnasium arbeitet, hauptsächlich für seine Familie nutzen. Denn inzwischen hat der Vater von drei Kindern bereits zwei Enkel.

Außerdem hofft Reil nun, mehr Zeit für Konzertbesuche, etwa beim Konzertverein Ingolstadt, und Opernabende zu finden, vor allem im Staatstheater Nürnberg. Denn der Oper gilt seine besondere Zuneigung.

Das Ingolstädter Kammerorchester übergibt er in bestem Zustand dem künftigen Leiter, dem ehemaligen Theatermusiker am Stadttheater Ingolstadt, Walter Kiesbauer. Der Klangkörper hat sich über die Jahre hervorragend gehalten, das Streichorchester ist mit 30 Geigen, jeweils acht Bratschen und Celli sowie vier Kontrabässen angemessen besetzt. Bläser müssen für die Konzerte extra engagiert werden, meistens sind es Mitglieder der Staatsoper Nürnberg. Die Altersstruktur des Orchesters ist gut gemischt und auch die Konzerte des Orchesters sind nach wie vor sehr gut besucht.

Wenn Reil zurückblickt auf seine langjährige „Dienstzeit“, dann fallen ihm besonders die zehn Konzerte mit dem Eichstätter Pianisten Hugo Seebacher ein, „einem hervorragenden, sehr musikalischen Künstler“. Das seiner Meinung nach beste Konzert hat er allerdings mit dem Münchner Pianisten Martin Rasch gegeben. Das 5. Klavierkonzert von Beethoven stand damals auf dem Programm. Besonders gerne hat der Opernfan Reil zudem Konzerte mit Sängern dirigiert, etwa immer wieder mit Franz Hawlata.

Da wundert es nicht, dass Reil auch bei seinem letzten Konzert morgen wieder einen Sänger als Solisten eingeladen hat. Cameron Becker vom Theater Regensburg wird Arien aus Mozarts „Don Giovanni“ und der „Zauberflöte“ singen sowie aus „Rigoletto“ und „La Traviata“ von Verdi. Aber es treten noch weitere Solisten auf: Die Geigerin Susanne Schmidt aus Eichstätt, die jetzt in München studiert, und der Stuttgarter Viola-Student Gideon Wieck werden Mozarts „Sinfonia concertante“ musizieren. Zum Abschluss des Konzerts ist ein eher selten gespieltes Werk zu hören: das „Preludio Sinfonico“ des Opernkomponisten Puccini.

Den Abschied vom Kammerorchester empfindet Reil nicht nur als Wohltat und Erleichterung. Er wird natürlich auch die Orchestermitglieder vermissen. Aber nicht allzu sehr. Denn beim regelmäßigen Treffen der Amateurmusiker im Anschluss an die Proben am Freitag beim Griechen wird auch Reil sich zum Plauschen einfinden.

Konzert des Ingolstädter Kammerorchesters, Samstag, 20 Uhr, Ingolstadt Festsaal. Karten in den DK-Geschäftsstellen. Telefon: (08 41) 9 66 68 00.