Ingolstadt
Wenig Jubel für Wedekinds „Lulu“ am Stadttheater Ingolstadt

27.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:54 Uhr
Sandra Schreiber ist Lulu: "Man muss die Widersprüche und Extreme der Figur aushalten." −Foto: Probenfoto: Rößle/Stadttheater

Ingolstadt (DK) Mit eher zurückhaltendem Applaus des Publikums wurde die Premiere von Frank Wedekinds Drama „Lulu“ im Stadttheater Ingolstadt gewürdigt. Bereits in der Pause hatten sich am Freitagabend die Zuschauerreihen merklich gelichtet.

Die gedämpfte Begeisterung des Publikums hat weniger mit der Inszenierung von Frank Behnke und den hervorragenden Schauspielern zu tun, als mit dem Theaterstoff. In Wedekinds „Monstertragödie“ gibt es kaum Charaktere, die zur Identifikation einladen, mit denen man mitfühlen und mitleiden kann. Zahlreiche, sehr unterschiedliche Männer begleiten die unfassbar schöne und verruchte Lulu auf verschiedenen Stationen ihres Lebens. Sie ist die zentrale Gestalt, meist Opfer, selten Täterin, immer wieder Auslöser von Katastrophen, Todesfällen, Raserei.
 
Regisseur Behnke inszenierte die „Monstertragödie“ in sterilem Ambiente, einer sich stark nach hinten verjüngenden, schwarzen, mit Neonleuchten erhellten Szenerie. Ein kalter Ort (Bühnenbild: Sylvia Rieger), in dem große Gefühle sich nur schwer entfalten können. Die männlichen Akteure versuchen, die schöne Lulu zu manipulieren, sie zu beherrschen - und verlieren dabei immer wieder die Beherrschung. Und sie werden zu grellen Karikaturen ihrer selbst, einer bösen, sexistischen Männerwelt. Im Mittelpunkt steht natürlich Lulu, die hinreißend gespielt wird von Sandra Schreiber. Sie schlüpft ständig in neue, wunderbare, von Ilka Meier gestaltete Kostüme und ist dabei so wandelbar, dass man am Ende kaum glauben kann, dass es sich nur um eine einzige Figur handelt. So ist sie eine Frau ohne Eigenschaften. Die sich wie eine Schaufensterpuppe auf die Bühne tragen lässt, kindlich-selbstverliebt mit ihren Reizen kokettiert, um am Ende in der Gosse zu landen, stotternd, verwirrt, um ein kleines bisschen Liebe bettelnd. Eine überwältigende Leistung von Sandra Schreiber. Die dann doch vom Publikum mit einigen Jubelrufen gefeiert wird.