Ingolstadt
Bis der Schuss fällt

"Ladies Crime Night" in Ingolstadt: Neun Mörderische Schwestern lasen im Altstadttheater aus ihren Werken

15.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:21 Uhr

Rot wie Blut: Ingrid Werner, Sabrina Moriggl, Kate Frey, Janet Clark, Iris Leister, Angela Güntner, Manuela Obermeier, Frauke Schuster und Carmen Mayer mit Moderatorin Christiane Dollmann. - Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) "Haben Sie mich erschreckt!" Christiane Dollmanns Vorwurf geht ans Publikum im ausverkauften Altstadttheater, das mit Spannung auf die zweite Ingolstädter "Ladies Crime Night" der Mörderischen Schwestern wartet und mit dem vorsichtig sondierenden Auftritt der Schauspielerin schon mitten drin ist.

"Ich suche einen Mörder - oder neun", flüstert sie verschwörerisch, um nach einem abschätzenden Blick in die Runde festzustellen: "Sie sehen eigentlich unverdächtig aus." Gefunden wird in kriminellen zweieinhalb Stunden im rot-schwarz gehaltenen Ambiente zwar kein einziger Mörder, doch den neun Autorinnen - Ina May fehlt krankheitsbedingt - gelingt es, mit ihren jeweils sechsminütigen Kostproben aus aktuellen Werken Spannung und Neugier aufzubauen.

Kurz vor Ablauf der Zeit ertönt jeweils Herzklopfen aus dem Off, dann setzt ein Schuss dem verruchten Treiben ein abruptes Ende. Der Schuss fügt sich mal mehr, mal weniger gut in das Gelesene ein. Wenigstens aber hat Organisatorin Carmen Mayer dem überwiegend weiblichen Publikum versichert, dass Helmut Wamser (Technik) das Schießen lange geübt habe. Es sollte also nichts passieren, "und wenn doch, sind wir gut versichert".

Ein besonderes Highlight ist Janet Clarks Lesung aus "Black Memory", denn die Präsidentin der Mörderischen Schwestern, denen deutschlandweit 500 Krimiautorinnen angehören, ist frischgebackene Preisträgerin des Skoutz-Award. "Was mache ich allein in einem Boot, wo sind die anderen", fragt sich die Ich-Erzählerin in "Black Memory". Eine beklemmende Situation für eine vermeintliche Touristin mit Gedächtnisverlust auf einer indonesischen Polizeistation, wo sie in Verdacht gerät, mit Drogen zu handeln. "Mordsmäßig Münchnerisch" geht es bei Ingrid Werner zu, die ihren Protagonisten Max mit der Trambahn Linie Acht fahren lässt und dabei den Zuhörern tiefe Einblicke in seine zunächst harmlos scheinende Gedankenwelt gibt - bis sie kurz vor dem Schuss erfahren, dass er seine Frau Sabine umgebracht hat und sich jetzt ein Alibi verschaffen will.

Blumig-ironisch ist die Sprache von Kate Frey, die ihre 16-jährige Protagonistin in "Cat Deal - die Kunst zu stehlen" mit einem Kunstraub beauftragt. Ebenfalls um eine Diebestour, allerdings die einer alternden, bereits pensionierten Diebin, geht es in der Geschichte "Der Hondini und die Gräfin" von Iris Leister. Direkt Mitleid wecken die Seufzer der sympathischen Mundräuberin, die schlechter hört, nicht mehr so gut sieht, nicht mehr richtig klettern kann und, kurz bevor der Schuss fällt, auf einer Leiter in einer fremden Speisekammer erwischt wird. Die Jüngste in der Runde ist Sabrina Moriggl (30), waschechte bayerische Honigkönigin und natürlich Expertin für einen Mord im Königinnen- und Imker-Milieu. "Imkermord und Bienentod" beginnt mit einem Termin in der Gerichtsmedizin, wo die ermordete bayerische Tomatenkönigin seziert wird.

Manuela Obermeier kurbelt mit ihrem Auszug aus "Tiefe Schuld" das Kopfkino ihrer Zuhörer gewaltig an. Was ist den beiden Buben in der Aubinger Lohe passiert? Was hat der Schrei zu bedeuten? Mitleiden muss das Publikum auch mit dem Jungen, der sich im dichten Nebel verirrt hat. Ein Schuss fällt mit Schalldämpfer, es fließt Blut bei "Watzmanns Erben" von Frauke Schuster.

"Nix zu verlieren" hat die Frau im Bett, die mit Frau Doktor angeredet wird und ihr Todesurteil erhält, als sich Schritte nähern. "Du bist tot, das ist ein Todesurteil", liest Angela Güntner, und nachdem ein Briefumschlag auf das Bett der Kranken geworfen wurde, fällt der Schuss aus der Technik. Carmen Mayer stellt abschließend ihren neuesten Braunagel-Krimi "Kellerasseln" mit einem Toten, Drogendealer und Zuhälter zugleich, vor.

Ein unterhaltsamer Abend, an dem Moderatorin Christiane Dollmann, die steppt, singt - von "Mackie Messer" bis James Bond - und mimisch umwerfend agiert, großen Anteil hat.