Ingolstadt
Auf der Pirsch

Michael Mittermeier begeistert mit seinem Programm "Wild" bei den Ingolstädter Kabaretttagen

02.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:52 Uhr

Wie kriegt man die Welt in den Griff? Das fragt Michael Mittermeier in seinem Programm "Wild". - Foto: Erl

Ingolstadt (DK) Michael Mittermeier hat schon viel gesehen, seit er sein aktuelles Programm "Wild" im Jahr 2016 gestartet hat. Doch das Ambiente im Ingolstädter Festsaal reizt seine Kabarettistenseele am Donnerstagabend vor fast ausverkauften Stuhlreihen ganz besonders.

Es ist die Faschingsdekoration unter der Sichtbetondecke, die seinen Spott herausfordert. Ganz besonders einige dominante Stoffbahnen, die wie zu einer umgestülpten Kuppel zusammenlaufen. Wenn er sich gleich in den ersten Minuten die Weltlage zur Brust nimmt und den Islamistenterror aufspießt, interpretiert er diese Stoffkuppel flugs zu einer umgedrehten Moschee. "Die Moschee des Todes schwebt über uns", witzelt er. "Das ist ein schöner Festsaal. Ein Betonraum mit einer umgedrehten Moschee. Wenn ich's erfinden wollte - es würde mir nicht einfallen", lästert er unter dem Gelächter der Fans über den Ideenreichtum der Dekorateure.

Immer wieder blickt er im Lauf seiner gut zwei Bühnenstunden zur Saaldecke hoch und es ist ihm leicht anzumerken, wie er innerlich darüber gluckst und kichert. Doch Mittermeier verzettelt sich in seiner Mischung aus Stand-up-Comedy und Kabarett nicht in solchen Banalitäten. Seine Themen sind universell und da scheut er sich auch nicht, den US-Präsidenten als den größeren Komiker anzuerkennen und den Blick auf den türkischen Präsidenten Erdogan zu lenken. "Es sind nicht nur in der Türkei Türken verschwunden, sondern auch hier in Deutschland", betont er und blickt wieder zur Decke hoch. Seine Analyse dazu hat er sich aus der Primatenforschung entlehnt: "Wir leben in einer Zeit der großen aggressiven Staatsmänner, die ihren Sack aufblasen", ätzt er.

Mittermeier hat nicht nur quirlige Gedankengänge, auch auf der Bühne agiert er wie eine unruhige Großkatze auf der Pirsch, stromert hin und her und schaut nach Beute, schaut nach dem Publikum aus. Es ist sein vorletzter Abend mit dem Programm "Wild" und manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass einzelne Ecken und Kanten daraus nach zwei Jahren Bühnenalltag schon etwas abgewetzt sind.

Mittermeier gibt sich dennoch viel Mühe, dies die Leute in den Stuhlreihen nicht spüren zu lassen und sucht immer wieder den Dialog. Mit etwas Nachdruck und direkter Ansprache funktioniert das recht gut. "Klappt doch."

Mittermeier macht es seinem Publikum ohnehin leicht, ihm zu folgen. Er witzelt über Pokemon, Star Wars, den Nikolaus samt den Heiligen Drei Königen und über den Ruf der Deutschen schlechthin. Es gibt keine Themen, die er nicht anspricht. Angefangen vom Flughafenbau in Berlin und der Abgasschummelei der Autobauer bis zur Flüchtlingswelle und Seehofers Modelleisenbahn. Es sind Themen, die auch andere Kabarettisten ständig abnudeln und die auch bei ihm garantierte Lacher ins Publikum bringen. Manchmal allerdings hopst er etwas zu ansatzlos zwischen den Inhalten hin und her, kommt aber immer wieder gerne zum Medienverhalten der jungen Generation und zur grassierenden Selfie-Manie zurück. "Hast du Follower? Das ist die Frage aller Fragen - wem folgst du", meint er mit suchendem Blick ins Publikum.

Zielstrebig bündelt er dann die wie achtlos liegengelassenen Fäden und Figuren seines Abends zum stimmigen Finale und setzt seinen ganz persönlichen Schlusspunkt. Es ist der Moment, wenn er dem Publikum den Rücken zudreht und ein Selfie mit den begeistert applaudierenden Menschen im Hintergrund knipst.