Herr
"Wir waren wilde Hunde ..."

Auch auf dem Land befreite sich die Jugend in den 60er-Jahren Der Kelheimer Rupert Forster schrieb ein Buch darüber

30.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:37 Uhr

Starke Maschinen und böse Unfälle: Rupert Forster (Mitte) schreibt in seinem Buch über seine wilde Jugendzeit. - Fotos: Morsbach-Verlag

Herr Forster, als junger Mensch dachten Sie nicht an ein Morgen. Wie vorsichtig oder unvorsichtig sind Sie heute

Rupert Forster: Teils, teils. Manchmal sehe ich heute sogar etwas kritischer als meine Mitbürger, zum Beispiel, wenn auf der Straße jemand hinter mir drängelt und keinen Abstand hält. Da fahr ich dann rechts ran und lass ihn vorbei. Manches nehm ich aber nicht so genau, manche Mitbürger regen sich ja bei jedem Scheiß auf. Ich denk mir da eher: "Wenn ich grad nicht da wäre, dann würde ich das nicht mitbekommen. Dann schau ich halt mal weg."

Sie haben selbst drei Kinder - waren die ihnen als Halbstarke ähnlich?

Forster: Nein, die waren eher brav. Das war ja eine andere Zeit, in den 80er- und 90er-Jahren. Da war die wilde Zeit schon lang vorbei. Die sind in die Disco oder so etwas, gefährlich war für sie eher das Rauschgift. Das gab es bei uns nicht, da hatte man ja Alkohol und Zigaretten, aber keine härteren Drogen.

Sie haben viele Unfälle beschrieben in Ihrem Buch. Wollten Sie das Motorradfahren mal aufgeben?

Forster: Wir waren sieben Freunde, einer ist tödlich verunglückt - dann haben wir alle aufgehört, zumindest für eine Weile.

Als junger Mann sind Sie zum Arbeiten weg von Zuhause gewesen und waren auch gern im Urlaub. Dabei hat man den Eindruck, Ihre Heimat hat Sie stark geprägt.

Forster: Ich bin stark verwurzelt, und das hat wahrscheinlich damit viel zu tun, dass man gut heimatverbunden ist, alle Freunde und Verwandte wohnen hier. Kelheim ist ja wie ein großes Dorf. Früher war meine Abenteuerlust, der Wunsch, unterwegs zu sein, stärker. Und wir waren ja immer zu dritt, zu viert weg von Zuhause. Wenn wir keine Lust hatten zu arbeiten, waren wir auch schlitzohrig und sind einfach nicht hingegangen. Damals war Arbeitskräftemangel, die waren froh, wenn wir wenigstens am nächsten Tag wieder gekommen sind. Später, nach der Gammlerei, sind wir ja auch vernünftig geworden. Als Familienvater habe ich 15 Jahre lang in der Brauerei gearbeitet. Später wollte ich wieder raus, im Freien arbeiten - da war ich dann in einem großen Kelheimer Entsorgungsbetrieb.

Heute spricht man schnell von Helikoptereltern. Was denken Sie, hat Ihre Eltern bewegt, wenn Sie mit dem Motorrad unterwegs waren oder vor Gericht zu erscheinen hatten?

Forster: Ich denk, dass das genauso schlecht war, dass sie nie wussten, wo wir sind. Das war ja in der Schulzeit schon so, wir waren da ja schon stundenlang unterwegs und keiner wusste, was wir machen. Einmal hat mich mein Vater gesucht, da bin ich als vielleicht 17-Jähriger mal zwei Nächte abgegangen, weil ich bei einer befreundeten Familie im Garten gezeltet hab - gesoffen wurde da und in die Arbeit bin ich auch nicht gegangen. Da hat er mich halt gesucht.

Wenn man heute über die Diskussion der Waffengesetzgebung in Amerika liest, dann kommt einem das fast vor wie Kelheim in den 60er-Jahren!

Forster: Es war so einfach, ein Kleinkaliber-Gewehr mit Pulver oder ein Luftgewehr zu bekommen. Das hatten viele Leute nur so zum Vergnügen. Da hat man zum Beispiel Vögel runtergeschossen. Auch ganz scharfe Waffen waren nicht verboten. Ich war ja nicht einmal ein richtiger Waffennarr, aber manche meiner Freunde sind damals dafür bis in ein Geschäft nach Würzburg gefahren, alles war ohne Waffenschein erlaubt.

Fahren Sie noch Motorrad?

Forster: Ja, ich habe eine Yamaha mit 130 PS - so 500 Kilometer schaffe ich im halben Jahr.

Was hat Sie bewegt, Ihr Buch zu schreiben?

Forster: Der Gedanke war schon etwa 1990 aufgekommen, vor allem, wenn man sich mit den Freunden getroffen hat, wir haben ja wirklich außergewöhnliche Erlebnisse gehabt. 2008 ging ich in Rente, dann kam das alles wieder hoch. Also haben wir uns zusammengesetzt, Erinnerungen gesammelt, und dann wurde ein Buch daraus. Ich wollte das aufschreiben, weil wir ja besonders wilde Hunde waren.

Die Fragen stellte

Sabine Busch-Frank.

Am 8. April, 12.03 Uhr, ist Rupert Forster zu Gast in der Sendung "Blaue Couch" auf Bayern 1.