Erlangen
Lessing light

"Nathan der Weise" am Theater Erlangen

07.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:43 Uhr

Nathan der Weise und der Derwisch: Ralph Jung (links) und Christian Wincierz. Ganz links ist Linda Foerster als Sittah zu sehen. - Foto: Quast

Erlangen (DK) Wenn der Klosterbruder besenschwingend auf der Bühne des Erlanger Markgrafentheaters Staub aufwirbelt, ist die doppelte Symbolik unübersehbar: Diese Inszenierung von Lessings „Nathan der Weise“ will nicht nur das pathosgeladene Toleranzdrama vom Staub der Klassik befreien, sondern obendrein auch religionskritischen Staub aufwirbeln. Also reißt der etwas heruntergekommene Mönch auch noch Witze über den Islam, macht sich blasphemisch über das Christentum lustig und erzählt – bar jeder gebotenen Political Correctness – schauderhafte Judenwitze.

Damit ist der Ton für eine Inszenierung angeschlagen, die Lessings zeitloses Loblied auf Aufklärung und Humanität in die Gegenwart eines allgegenwärtigen Islamismus holt. Lessing light!

Katja Ott, die Intendantin des Erlanger Theaters, stellt Lessings Ideendrama gleichsam wie bei einer Gerichtsverhandlung aus. Die steile Arena-Bühne (Bühnenbild: Bernhard Siegl) wird zum Tribunal, vor dem über die drei monotheistischen Religionen, das Christentum, das Judentum und den Islam, öffentlich verhandelt wird, und das Publikum zu Gericht sitzt. Die Inszenierung setzt auf die fein ziselierte Sprache Lessings, der freilich die Schauspieler nicht immer gewachsen sind. Ralph Jungs Nathan bleibt, selbst im Höhepunkt der Ring-Parabel, blass und steif, wohl auch seiner Jugend geschuldet, der die Weisheit des klugen, bedächtigen und wohl auch schlauen Juden abgeht. Umso erfrischender Violetta Zupancics Recha, die in schöner Aufgeregtheit die Göre ihres vermeintlichen Vaters Nathan spielt. Wozu Benjamin Schroeders Tempelherr insofern passt, als er ihn als stiefelbewehrten Biker in Lederklamotten und schwarzem T-Shirt zum etwas einfältigen Macho macht. Ein Lichtblick dagegen Martin Maeckers schon erwähnter Klosterbruder, der mit ironischer Verfremdung das Pathos des klassischen Dramas ebenso bricht wie Christian Wincierz seinen Derwisch. Daneben ganz ernsthaft Marion Bordat als stoische Christin Daja, verhuscht Linda Foerster Sitah, und Hermann Große-Berg als Sultan, den man nicht in märchenhaft orientalische Gewänder steckte, sondern – ganz in Grün – als Grünen Heinrich ausstaffierte. Viel Beifall für diesen kurzweiligen „Nathan“, dem man freilich zur Auflockerung noch mehr sarkastisch-parodistische Verfremdung gewünscht hätte.

Vorstellungen: 25. und 26. Oktober; 9. und 10. November; 10. und 11. Dezember. Karten unter Telefon (0 91 31) 86 25 11.