Ingolstadt
Ein Star zum Anfassen

Katerina Jacob gastiert im Ingolstädter Altstadttheater

08.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:51 Uhr
Katerina Jacob ist ein Erlebnis für sich. Mit ihrem neuen Programm "Im Fettnapf steht man meist allein" begeisterte sie im Altstadttheater. −Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Sie ist erst auf Seite 30 ihres neuen Buchs, doch der Stoff reicht locker für ein abendfüllendes Programm. Wenn nicht noch mehr, denn Katerina Jacob hält es nicht in ihrer Garderobe im Altstadttheater. Schon 20 Minuten vor der Vorstellung steht sie - zwar noch ohne Licht - auf der Bühne und plaudert angeregt mit ihrem Publikum - ein Star zum Anfassen.

Und sehr menschlich obendrein, denn was die bekannte Schauspielerin in ihr neues Programm "Im Fettnapf steht man meist allein" hineingepackt hat, sind eigene, authentische Geschichten, die so skurril, turbulent, amüsant und spannend sind, wie sie nur das Leben schreibt, insbesondere das Schauspielerleben, das Jacob an weit entfernte Drehorte und zu fremden Kulturen geführt hat.

Dabei müssen es nicht einmal die chinesischen Essgewohnheiten mit Nasenschleim von Tauben, Opium in Hefeteig oder geleeartigem, drei Monate altem Hühnchen sein, das in Zeitungspapier und Tongefäß drei Monate in der Erde überdauert hat, ehe es dem Filmteam als besondere Delikatesse serviert wurde. Jacob wurde übrigens die besondere Ehre zuteil, die Überreste des Federviehs mittels Hammer aus seinem Tongefäß zu befreien. Nein, ein privater Patchworkfamilien-Urlaub mit zwei Töchtern, die die (Stief)eltern auseinanderbringen wollen, reicht schon völlig aus. "Waren Sie schon mal Bootfahren am Shannon?" fragt sie in die Zuschauerreihen, die im kuscheligen Altstadttheater ganz nah dran sind an dem Energiebündel auf der Bühne. Tatsächlich, da gehen Hände in die Höhe. "Soll schön sein - hab' ich gehört", fährt Jacob fort, und ihr Ton lässt keinen Zweifel, dass sie es anders erlebt hat. Und zwar nicht nur, weil es ihrem Mann gelang, das Boot querzulegen und mehrere Stunden eine Hafeneinfahrt zu blockieren, sondern auch, weil "die Kinder ganze Arbeit leisteten".

"Essen für Deutschland", das sie von ihrem Vater ableitet, der ihr beigebracht hatte, stets Haltung zu bewahren und im Ausland den besten Eindruck zu hinterlassen, muss sie nicht nur in China, sondern auch im Beduinenzelt, wo Männer und Frauen nach der Ankunft sorgsam getrennt wurden und die Frauen die Reste der Männermahlzeit serviert bekamen - unter anderem in Essig eingelegte Lammaugen.

Es ist ein grandioses Anekdoten-Feuerwerk, das Jacob auf ihre faszinierten Zuhörer einprasseln lässt, die aus dem Schmunzeln, Lachen und Staunen kaum herauskommen. Die Schauspielerin erzählt so plastisch, dass sich jeder vorstellen kann, wie sie in einer Apotheke in Paris ein Mittel gegen Filzläuse kauft, die sie sich beim Dreh in originalen Renaissance-Kostümen geholt hatte - mit Gesten und der Aussage "ich habe kleine Bestien da unten". Ungefährlich war die Krokodil-Tour mit Krokodilen im Winterschlaf, hochgefährlich dagegen ein Dreh auf vermintem Gebiet in Israel oder eine Sturmszene, für die der berüchtigte Pyrotechniker eine Flugzeugturbine einsetzte, die Menschen meterweit durch die Luft wirbelte. "Die Szene wurde nie gedreht", kommentiert Jacob trocken - und nicht nur einmal im Laufe des Abends.

Sehr wohl drehen musste sie eine Bettszene mit einem aufdringlichen Busenfetischisten. In einem Schloss an der Loire erschreckte ihre Mutter Ellen Schwiers japanische Touristen und deren französischen Führer zu Tode, als sie ihnen die Todesszene der Maria von Medici im authentischen Bett vorspielte, und auf Antigua machte sich Jacob ganz klein, als sie im Golfclub erfuhr, ein Loch sei unbespielbar, weil der Rasen geklaut worden war. Denn sie wusste nun, woher ihre Grasbatzen stammten, die einheimische Rasenspezialisten in ihrem Garten gepflanzt hatten.

Einige Szenen waren alles andere als ungefährlich und hätten böse enden können wie der von ihrem Begleiter als Spaß gemeinte Verkauf Jacobs gegen 200 Rennkamele an einen Araber, der ihren Begleiter vergiftete und sie unter Drogen setzte.

Jacobs neues Programm ist also primär höchst unterhaltsam, so manche Geschichte geht aber auch tiefer und beschäftigt ihr Publikum noch länger. Zunächst aber gibt es kräftigen Applaus und eine weitere Story als Zugabe.

Andrea Hammerl