Eichstätt
Weltweit berühmter Musikantiquar

Der gebürtige Eichstätter Hans Schneider ist in Tutzing verstorben Seiner Heimat eng verbunden

26.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:14 Uhr

Der Musikantiquar und Verleger Hans Schneider, ein gebürtiger Eichstätter, ist 96-jährig in Tutzing gestorben. ‹ŒArch - foto: Ettle

Eichstätt/Tutzing (-) "Sein Leben war die Musik und das Buch": So steht es in der Todesanzeige für den Musikantiquar und Verleger Professor Hans Schneider, die gestern in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde. Erst dadurch wurde bekannt, dass der gebürtige Eichstätter, der in Tutzing lebte, am 9. April im Alter von 96 Jahren in seinem Wohnort am Starnberger See gestorben ist.

An diesem Dienstag wurde er in aller Stille im Kreise von Familie und engen Freunden beigesetzt.

Hans Schneider hatte zu seiner Heimatstadt Eichstätt immer Kontakt gehalten. Er ist auch der Wiederentdecker der Eichstätter Hofkomponisten Johann Anton Fils und Anton A. Bachschmid. Seit 1986 war er Ehrendoktor der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (ebenso der Universität Mainz). Für seine Verdienste mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland und dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.

Seit der Gründung seines Antiquariats im Jahr 1949 in Tutzing (anfangs ging es nur darum, dringend gesuchtes Notenmaterial bereitzustellen), hat Schneider über 450 Kataloge herausgebracht. In seinem Musikverlag erschienen über 1300 Titel. Er war damit "der wohl weltweit erfolgreichste Musikantiquar", wie der EICHSTÄTTER KURIER zu Schneiders 90. Geburtstag schrieb. Das Musikantiquariat, bestens vernetzt mit der ganzen Welt, floriert bis heute und wird auch nach Schneiders Tod weitergeführt.

Durch seine Hände gingen Partituren von Brahms und Beethoven, von Mozart bis Chopin. Mit Carl Orff war er befreundet. Ein Fachmann stellte fest, Schneider habe "mehr Musikdrucke datiert und bibliografisch erfasst als die gesamte Fachwissenschaft". In seinem Verlag erschienen wichtige Studien zum Musikverlagswesen und Nachdrucke wesentlicher Quellen zur Musikgeschichte. Der Verlag allerdings wurde 2015 aufgelöst - eine Konsequenz daraus, dass die Musikwissenschaft (nicht die Musikpädagogik) an deutschen Universitäten in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgefahren worden war. Da waren mit Büchern von Schneiders wissenschaftlichem Niveau keine Reichtümer mehr zu verdienen. Wie intensiv die Produktion des Verlags über die Jahrzehnte war, lässt sich aus folgender Tatsache erahnen: Hermann Holzbauer, der langjährige Leiter der Eichstätter Universitätsbibliothek und ein enger Freund Schneiders, hat in vier (!) bibliographischen Bänden das gesamte Werk des Verlags von 1958 bis 2002 dokumentiert. Schneider war ein großer Förderer der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und insbesondere ihrer Uni-Bibliothek. Seine musikwissenschaftliche Sammlung findet sich denn auch - bis 2006 - in der Eichstätter Universitätsbibliothek. Danach kam es zum Zerwürfnis: Schneider warf der Uni-Bibliothek vor, zahlreiche gestiftete Schallplatten aus dem Besitz seines Schwiegervaters "verscherbelt" zu haben. Spätere Schenkungen gab er deswegen an die Wissenschaftliche Stadtbibliothek Ingolstadt.

Geboren wurde Hans Schneider am 23. Februar 1921 in der Eichstätter Sebastiangasse. Sein Vater war Finanzbeamter und leidenschaftlicher Musiker. Der Sohn absolvierte das Humanistische Gymnasium, das heutige Willibald-Gymnasium, in dessen Freundesverein er bis zuletzt prominentes Mitglied war. Sein musikalisches Talent wurde früh deutlich: Schon als Kind spielte er Orgel in vier Kirchen in Schönfeld und Eichstätt. Er studierte Musikwissenschaft in München, Innsbruck und Uppsala, 1949 begann er mit dem Aufbau seines Antiquariats, dem 1958 der Verlag für musikwissenschaftliche Publikationen angegliedert wurde.

Hermann Holzbauer schilderte Hans Schneider schon vor einigen Jahren in einer Laudatio folgendermaßen: "ein weltweit bekannter Musikantiquar, ein bedeutender Verleger, ein von der Musikwissenschaft hoch geschätzter Bibliograph und Autor, ein großzügiger Mäzen." ‹ŒRichard Auer