Eichstätt
Start in ein neues Zeitalter

Die Eichstätter Ausstellung "Typen, Texte, Themenkreise" beschäftigt sich mit dem frühen Buchdruck in der Region

01.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:52 Uhr

Pracht des frühen Buchdrucks: Blick auf Werke des Buchdruckers Anton Koberger. - Foto: Klenk

Eichstätt (DK) Ein besonders sympathischer Zeitgenosse war Michael Reyser möglicherweise nicht, der 1484 den Buchdruck in die bayerische Provinzstadt Eichstätt gebracht hat. Denn kurz zuvor noch hielt man den Handwerker in Straßburg in Haft, "etlichs hanndels halbenn", wie es hieß. Kurz darauf übte er das Buchdruckerhandwerk bei seinem Bruder Georg in Würzburg aus und ging dann nach Eichstätt, um offenbar eine Art Filiale des Geschäfts zu eröffnen. Aber eigentlich weiß man heute so gut wie nichts über Michael Reyser. Bedeutend ist er dennoch, weil er und sein Bruder zu den ersten Buchdruckern überhaupt zählten.

Nun wird sein Werk und Wirken in einer Ausstellung zum Gutenberg-Jahr in Eichstätt gewürdigt. "Typen, Texte, Themenkreise" ist der Titel der Schau, mit dem bereits angedeutet wird, dass es natürlich um weit mehr geht, als lediglich den Beginn des Buchdrucks mit beweglichen Lettern in Eichstätt zu rekapitulieren. Denn in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vollzog sich in Deutschland und Europa wie ein Flächenbrand eine Medienrevolution bis dahin unbekannten Ausmaßes. Die Erfindung des Mainzers Johannes Gutenberg veränderte grundlegend den Umgang mit Texten.

Die Eichstätter Ausstellung konzentriert sich auf zwei Buchdrucker der Region. Zunächst Michael Reyser, der vom Eichstätter Bischof Wilhelm von Reichenau aus Würzburg geholt wurde, vor allem um liturgische Schriften zu drucken, etwa "Missale Eystettense", das Eichstätter Messbuch. Das war damals kein ungewöhnliches Vorgehen. Und das ist wohl auch der Grund, warum sich Druckereien zunächst im Umfeld von geistlichen Zentren entwickelten. Es verwundert daher kaum, dass die meisten der frühen Druckschriften geistliche Werke waren, Bibeln, liturgische Schriften, Einblattdrucke mit aktuellen amtlichen Verlautbarungen oder Kommentaren zu politischen Entwicklungen sowie Ablassbriefen. Fast alle Bücher waren in lateinischer Sprache, deutsche Bücher waren noch eine Ausnahme. Reyser veröffentlichte 14 Bücher in den zehn Jahren seines Wirkens in Eichstätt. Seine Werkstatt war professionell ausgestattet, die verwendeten Typen waren hervorragend gearbeitet. Er verwendete acht gotische Schrifttypen, zwei reine Texttypen und fünf Initial-Alphabete. Schrifttypen waren im 15. Jahrhundert noch längst nicht so standardisiert wie heute. So kann allein anhand der Buchstaben eines Buches die Druckerei identifiziert werden, so sicher, als wäre es ein Fingerabdruck. Auffällig ist, dass Michael Reyser weitgehend die gleichen Typen verwendete wie sein Bruder Georg in Würzburg.

Der Buchdruck orientierte sich natürlich in den ersten Jahren nach seiner Erfindung noch stark an handschriftlichen Büchern. Sie waren quasi Hybrid-Produkte. Gekauft wurden die Bücher meist in einem ungebundenen, halbfertigen Zustand. Der Käufer selbst ließ die Blätter dann kunstvoll einbinden und versah sie mit Illustrationen.

Anders ging der zweite wichtige Buchdrucker der frühen Jahre in der Region vor: der Nürnberger Anton Koberger (1445-1513). Er druckte die Bücher nicht nur, sondern bot dem Käufer ein vollständiges Endprodukt an. Daher wurden in seiner Werkstatt die Bücher auch gebunden und mit handgemalten Illustrationen versehen, Holzschnitt-Bildmaterial waren bei ihm noch die Ausnahme. Von ihm sind besonders prachtvolle Bücher in der Ausstellung zu sehen, darunter auch der wohl berühmteste Druck der frühen Jahre überhaupt, das monumentale "Liber chronicarum" von Hartmann Schedel, eine ausgreifende Chronik der Weltgeschichte. Die sinnliche Schönheit der Bücher von Koberger ist überwältigend, besonders der Anteil der handgefertigten Illustrationen. Und man begreift, dass jeder technische Fortschritt auch ein Rückschritt individueller ästhetischer Kunstfertigkeit ist.

 

Bis 16. März in der Staats- und Seminarbibliothek im Hofgarten; geöffnet montags bis freitags jeweils von 8.30 bis 17 Uhr.