Eichstätt
Himmlisches Theater

Uraufführung in Eichstätt: Die Altmühltal-Bühne spielt Florian Schmidts neue Version des Brandner Kasper

16.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:16 Uhr

 

Eichstätt (DK) Der Tod hat’s nicht leicht. Die einen kommen nicht freiwillig mit, und die anderen schlagen ihm beim Kartenspiel ein Schnippchen. Wenn dann noch die Heilige Walburga als himmlische Vorzimmerdame zetert, und der Heilige Portner ihm gehörig die Leviten liest, dann regt sich fast so etwas wie Mitleid mit dem Boanlkramer, mit dem ungeliebten Gesellen.

In der Neufassung vom Brandner Kasper von Florian Schmidt, die in der Eichstätter Boxerhalle ihre umjubelte Uraufführung erlebte, ist die Figur des Todes, ist Sebastian Glassner mit changierender Maske und mit seinem wandelbaren Wesen allein schon Grund genug für einen Besuch des Stücks. Aber es gibt noch weitere: witzige Dialoge, wohl dosierte Situationskomik, Moral und Lebensweisheiten zwischen Himmel und Erde, fein gesetzte Seitenhiebe und mitreißende Schauspielkunst von mehr als 40 Laiendarstellern mit teils langjähriger Bühnenerfahrung in unterschiedlichen Gruppen und Vereinen der Region. Seit diesem Jahr spielen Jugendliche und Erwachsene unter der Leitung von Florian Schmidt als Altmühl-Bühne gemeinsam. Im Frühjahr die Walpurgisnacht, jetzt den Brandner Kasper.

Schmidt, Autor und Regisseur aus Eichstätt, der seit Mitte der 90er Jahre bayernweit als Theatermann auf sich aufmerksam macht, Kunstpreise einheimst und in Eichstätt mit dem Verein der Schlossleutnant-Krach-Spiele zahlreiche Stücke inszenierte, hat sich an den urbayerischsten Stoff gewagt und aus dem beliebten Traditionsstück um das ewige Drama von Leben und Tod eine erfrischend-komische wie nachdenkliche und auch tiefsinnige Neufassung geschrieben. Ein modernes bayerisches Volksstück.

Schmidt greift auf die Urfassung des Kultstücks, die Kurzgeschichte von Franz von Kobell zurück, und nutzt die Grundidee geschickt und klug für neue Wendungen und Ideen. Seine Version setzt den Fokus auf die Folgen des teuflischen Handels, der das Weltgefüge aus den Fugen hebt und den himmlischen Plan stört. Der Brandner Kasper (Karl Wiktorin) überlebt den Schuss – der stattdessen die Schäferin Sophie trifft (Teresa Viering) – wird danach jedoch von niemandem mehr wahrgenommen. „Keiner sieht mich mehr“, klagt er, allein mit seinem schlechten Gewissen, mit dem ungewissen Schicksal, mit der Angst vor dem Leben und dem Tod.

Und Florian Schmidt erfindet eine turbulente Heiligenschar, ein Who is Who der Heiligen. Etwa Sebastian (Böb Rudingsdorfer), ein Zappelphilipp vor dem Herrn, Korbinian, wie geschaffen für die Himmelsverwaltung (Kilian Wallner) oder eben die Heilige Walburga (Petra Thurnhofer), die berüchtigt für ihre Ordnungsliebe angesichts des entstandenen Chaos und verloren gegangenen Seelenjournale schon mal die heilige Contenance verliert.

Florian Schmidt, auch für das Bühnenbild verantwortlich, setzt hier auf Reduktion: dezent bemalte Stoffbahnen auf Holzkonstruktionen, wenige Requisiten. Das lässt Raum für die Schauspieler, die in ihrer Präsenz, in ihrer Mimik und Darstellung Großartiges auf die Bühne bringen. Und das Ende der Geschicht’? Ende gut, alles gut. Der Brandner ist im Paradies, und die bayerische Himmelspforte wird nicht geschlossen.

Aufführungen am 21. und 22. Juli, 9. bis 11. November in Eichstätt, am 30. September in Beilngries, am 3. November in Mörnsheim und am 17. November in Kipfenberg. Karten bei der DK-Geschäftsstelle in Eichstätt, Infos zum Vorverkauf unter www. altmuehltalbuehne.de.