Dresden
Dresdner Ermittler unter Druck

10.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr
Kommissarin Gorniak (Karin Hanczewski) bespricht sich mit dem Spurensicherer (Renato Schuch). −Foto: Muehle/WDR

Dresden (DK) Erst vergangene Woche erklärten ARD-Verantwortliche, dass es künftig nur noch ganz wenige Experimente im "Tatort" geben soll, man will zurück zur Normalität. "Der klassische Ermittlerkrimi", sagt der Koordinator der Reihe, Gebhard Henke vom WDR, "ist die DNA des ,Tatorts ? ".

Wie das aussieht, davon kann man sich am Sonntag ein Bild machen, wenn der neue Dresden-"Tatort: Auge um Auge" läuft. Der zeigt aber auch, dass klassisch nicht automatisch gut sein muss.

 

Zwei Schüsse in die Arme, ein dritter in die Brust: Gebhardt, Abteilungsleiter beim Versicherungskonzern ALVA, wird am helllichten Tag vom Gebäude gegenüber von einem Scharfschützen in seinem Büro erschossen. Ein Fall für Karin Gorniak (Karin Hanczewski), Henni Sieland (Alwara Höfels) und ihren Chef Schnabel (Martin Brambach). Die ermitteln innerhalb der Firma, stoßen auf Mobbing, Angst vor Entlassung und Erfolgsdruck. Eine erste Spur führt zu Rainer Ellgast (starke Rolle für Arnd Klawitter), der mit dem Mordopfer im Streit lag. Die Kommissarinnen haben aber gleichzeitig unzufriedene Kunden im Visier, die sich von der ALVA betrogen fühlten, so wie der nach einem Arbeitsunfall an den Rollstuhl gefesselte Harald Böhlert. Dann fallen auf einer Firmenfeier erneut Schüsse.

Es ist der vierte Dresden-"Tatort". Eigentlich ist das Sachsen-Trio ja mal vielversprechend gestartet, begann mit einem bösen Blick auf die gar nicht heile Schlagerwelt. Das lag an Autor Ralf Husmann, der auch der "Vater" von "Dr. Psycho" und "Stromberg" ist. Sein Witz, seine pointierten Dialoge überzeugten. Auch für "Auge um Auge" hat er - gemeinsam mit Peter Probst - das Buch verfasst, aber das hat nur zu Beginn ein paar witzige Momente, der Rest ist leider eine sehr konventionelle Krimigeschichte, die von Franziska Meletzky sehr spannungsarm umgesetzt wurde.

Auf einer zweiten Ebene will der Krimi ein aktuelles gesellschaftliches Stimmungsbild Sachsens zeichnen. Zwei Ermittler bilden die Pole. So durchzieht den Film ein Verbalduell zwischen "Gutmensch" Henni Sieland (kümmert sich um eine syrische Familie) und ihrem zu geschmacklosen Scherzen und extremen Ansichten neigenden Boss. Als der erfährt, dass sein alter Computer als Geschenk an Flüchtlinge ging, poltert er: "Steht hier irgendwo Caritas?" Henni giftet zurück: "Leute wie Sie rennen hier rum und tun so, als ob wir hier eine syrische Invasion hätten." Leider fehlt die Bindung zwischen dieser Ebene und der eigentlichen Krimistory, mit der Ralf Husmann "Verunsicherung in eine Versicherung" bringen wollte. Schade! Dann doch lieber weiter Experimente.

 

"Tatort: Auge um Auge" läuft am Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD.