Der "Blaue Reiter" auf Weltreise

20.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:19 Uhr

Die Generalsanierung des Lenbachhauses umfasst die Renovierung der historischen Gebäudeteile sowie einen Neubau an der Südwestseite (hier die Außenansicht vom Königsplatz aus). Einige Kunstwerke sind als Leihgaben derzeit auf Weltreise.? Entwurf: Foster + Partners

München (DK) Ein Bauzaun hat eine Funktion und braucht keine künstlerische Anmutung – so die Meinung von Helmut Friedel, Direktor des Münchner Lenbachhauses. Hinter den rohen Holzbrettern rund um das Areal des Museums verbirgt sich eine Baustelle.

Dabei wird die Statik der italienisch anmutenden Künstlervilla optimiert – der sogenannte Blaue-Reiter-Anbau aus den 1950er Jahren ist bereits abgerissen. An seine Stelle tritt ein Neubau des Londoner Architekturbüros Norman Foster und Partner mit einem neuen Haupteingang. Die Bauarbeiten, so gab die Baureferentin der Landeshauptstadt München, Rosemarie Hingerl, jetzt bekannt, werden sich bis zum Sommer 2012 hinziehen.
 
Kulturelle Botschafter

Damit werden zum 100. Gründungsjahr des "Blauen Reiters" im Jahr 2011 die Gemälde der Künstlergruppe leider nicht in München zu sehen sein, wohl aber als "kulturelle Botschafter der Stadt München in der Welt" unterwegs sein, wie Münchens Kulturreferent Hans-Georg Küppers mit Stolz erklärt. Vor allem in vier großen Städten Japans wird eine Auswahl der Sammlung gezeigt – den Beginn macht Tokyo im November 2010. Mit großem Erfolg waren auch die Hauptwerke von Wassily Kandinsky im vergangenen Jahr auf Tournee: 750 000 Besucher sahen die Schau im Centre Pompidou von Paris, und im New Yorker Guggenheim-Museum war die gerade beendete Kandinsky-Ausstellung mit 468 000 Besuchern die erfolgreichste Schau in der Geschichte des Museums.

In München werden während der Bauphase im Lenbachhaus alle Ausstellungen im Kunstbau gezeigt – ab 19. Juni ist die Schau "Der Blaue Reiter – die schönsten Zeichnungen und Aquarelle aus dem Lenbachhaus" zu sehen. Die Werke auf Papier – Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken – dürfen ohnehin nicht dem Tageslicht ausgesetzt werden und der unterirdische Ausstellungsraum über den U-Bahn-Gleisen der Station Königsplatz ist somit geeignet für die fragilen Arbeiten. Zuvor wird die österreichische Malerin Maria Lassnig zu Gast sein, die ab 27. Februar ihre Produktion der letzten zehn Jahre zeigt – einige großformatige Exponate der 90-Jährigen waren noch nie ausgestellt. Einen Blick zurück ins 19. Jahrhundert wirft ein Projekt, das den fast vergessenen Künstler Gabriel von Max in Erinnerung ruft. Der 1840 geborene Künstler war auch Spiritist und Darwinist – seine Lebensfrage drehte sich um das Woher und Wohin des Menschen. Ab dem 23. Oktober werden seine Werke und Objekte der Zoologie, wie beispielsweise Affenskelette, den Kunstbau verwandeln.

Innovative Lichttechnik

Während die Besucher im Kunstbau flanieren, werden gleich nebenan in der denkmalgeschützten Villa der Brandschutz und die Sicherheitstechnik verbessert. Zugleich soll das gesamte Haus eine innovative Lichttechnik mit LED-Leuchten erhalten. Im April ist Startschuss für den Anbau. Eine transparente Architektur wird Sichtbezüge zum historischen Garten zulassen – das kleine Paradies soll nach den Baumaßnahmen wiederhergestellt werden und bei freiem Eintritt zugänglich sein.

Eine neue Eingangshalle soll auch große Besuchermengen fassen – damit dürfte die Zeit der provisorischen Pavillons für Kasse und Kiosk auf dem Vorplatz vorbei sein. Ein besonderes Augenmerk der Stadtgestaltungskommission gilt der Fassade des Anbaus, die sich durch eine Verkleidung aus Metall mit Kupferlegierung an die Ocker-Fassade der Villa anpassen soll, die weiterhin das Herzstück des Museums sein wird. Insgesamt stehen für die Baumaßnahmen 58,5 Millionen Euro zur Verfügung, um dem "Blauen Reiter" ein angemessenes Zuhause zu bereiten.