Ingolstadt
Ein Auftritt mit Wucht: Axel Hacke in der Ingolstädter Eventhalle

19.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:58 Uhr
Axel Hacke in der Eventhalle Ingolstadt. −Foto: Martina Persy

Ingolstadt (DK) Am Donnerstagabend ist der Kolumnist und Schriftsteller Axel Hacke in der Eventhalle in Ingolstadt aufgetreten. Mit einer grandiosen Mischung aus Alltagsgeschichten, Speisekarten-Klamauk und nachdenklichen Passagen fesselte er sein Publikum durchgehend - von der ersten bis zur letzten Minute.

Er ist ein Mann, der die Worte liebt. In seinen Texten verknüpft er sie so geschickt, so elegant, dass der Leser seine Augen nicht abwenden kann, sondern direkt in den Sog der Worte gerät. Doch Axel Hacke ist nicht nur ein begnadeter Kolumnist und Autor – nein, er ist auch ein grandioser Vorleser. So gerät seine Lesung in der Ingolstädter Eventhalle am Donnerstagabend zu einem fesselnden Erlebnis.

Anfangs erzählt der gebürtige Braunschweiger von seiner Arbeit: Hacke schreibt seit Jahren für das Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ und gilt er als einer der besten Kolumnisten Deutschlands. Dass ihm dieser Titel wahrlich gebührt, stellt der 62-Jährige an diesem Abend unter Beweis. Humoristisch erzählt er vom handwerklichen Scheitern, vom Beziehungs-Imperativ und den Gesprächen mit seinem Sohn Luis auf der Fahrt in den Kindergarten – und zwar so lebendig, dass man alle Situationen gleich bildlich vor Augen hat. Hacke versprüht dabei so viel Verve, dass er einem auch die Bedienungsanleitung für eine Waschmaschine vorlesen könnte und man immer noch begeistert an seinen Lippen hinge.

Da Hacke nicht nur Kolumnen, sondern mittlerweile auch zahlreiche Bücher verfasst hat, dürfen diese bei seiner Lesung nicht fehlen. Zu seinen Steckenpferden gehören unter anderem die deutschen Übersetzungsfehler auf ausländischen Speisekarten. Etwa die für sein Buch namensgebende Delikatesse „Oberst von Huhn breitet sich drastisch in einer Weißweincreme aus“, der „Sockel des Sünders“ oder auch die „Penne mit Befestigungklammermasse“. Gemeinsam mit dem Tränen lachenden Publikum sinniert Hacke, wie diese Speisen wohl aussehen könnten. Der Lachmuskelkater ist an dieser Stelle programmiert. Allerdings ist in Hackes Programm nicht nur Platz für lautes Gelächter.

Der Kolumnist nimmt sich auch Zeit für melancholische, tiefsinnige Momente. In einer Passage aus seinem Werk „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“ legt er uns Menschen ein wenig mehr Bescheidenheit nahe. „Ihr haltet euch für die Hauptsache, aber in Wirklichkeit seid ihr nur ein Nebenprodukt“, lässt Hacke seinen Gott auf die menschliche Sinnfrage antworten. Daneben plädiert Hacke für eine Wiederbelebung des Anstandes. „Kein Mensch ist immer auf der Höhe seiner eigenen Leitlinien – und ich schon gar nicht“, leitet der Autor seine Gedanken zu seinem Werk „Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen“ ein. Doch seit Donald Trumps Wahl in den USA erlebe die Welt ein neues Ausmaß an Schäbigkeit. Hacke vergleicht den aktuellen Umgang mit Anhängern bestimmter Religionen mit dem Beginn des Holocausts. „Erst wird der Ton immer rauer und unanständiger. Dann folgen Taten.“ Sein flammendes Plädoyer für mehr Anstand im menschlichen Miteinander beendet der Kolumnist mit den Worten: „Anstand heißt, dass man bei etwas Unanständigem nicht mitmacht – auch wenn es üblich ist.“ Erst da erwachen die Zuhörer im Saal wieder aus ihrer tranceartigen Gebanntheit und merken, wie sehr sie die Worte des Autors bewegt haben. Doch Hacke wäre nicht Hacke, wenn er sein Publikum in dieser nachdenklichen Stimmung zurückließe.

Nein, nun schlägt der Künstler einen Bogen zurück zur humorvollen Seite des Abends. Diesmal geht es nicht um falsche Übersetzungen, sondern um falsch Verstandenes in der Musik. So wird Matthias Claudius’ Lied „Der Mond ist aufgegangen“ aus dem „weißen Nebel wunderbar“ der „weiße Neger Wumbaba“. Bei Roland Kaiser verwandelt sich die Passage „den Schritt zu wagen“ in einen „Schnitzelwagen“ und aus einem Kompliment („Schön wie ein erwachender Morgen“) entsteht ein eher skurriles Bild („Schön wie eine Wachtel am Morgen“). Kein Wunder, dass danach eine Zugabe hingebungsvoll erklatscht und der Künstler schließlich mit einem sehr langen Applaus wieder verabschiedet wird.

Jessica Roch