Berlin
"Gier ist so etwas wie ein Urinstinkt"

Jodie Foster bringt mit "Money Monster" einen Wall Street-Thriller mit Starbesetzung ins Kino

25.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:46 Uhr

Die Regisseurin und ihr Star. George Clooney spielt die männliche Hauptrolle in "Money Monster". Ihm zur Seite steht niemand Geringeres als Julia Roberts. Jodie Fosters Film kommt heute in die deutschen Kinos. - Foto: Sony

Berlin (DK) Jodie Foster ist mit ihrer vierten Regiearbeit "Money Monster", die am heutigen Donnerstag auch in die deutschen Kinos kommt, ein kleines Meisterstück gelungen. Sie hat bewiesen, dass ein Thriller, der die absurden Machenschaften der US-Finanzwelt aufs Korn nimmt, extrem spannend und gleichzeitig auch intelligent sein kann. Und dabei hat sie mit George Clooney und Julia Roberts noch zwei Superstars am Start, die seit "Ocean's Eleven" nicht mehr so packend zusammenspielten.

 

Foster, selbst zweifache Oscar-Preisträgerin (für ihre Rollen in "Angeklagt" und "Das Schweigen der Lämmer"), führte diesmal nur Regie. Zum Interview im Berliner Hotel Adlon erscheint sie in einem grauen Hosenanzug und weißer Seidenbluse. Sie ist hoch konzentriert, spricht schnell und pointiert - und lacht auch gerne mal.

Mrs. Foster, Sie haben für Ihren Film erst grünes Licht bekommen, als Sie solche Hollywood-Superstars wie George Clooney und Julia Roberts an Bord hatten. Was sagt uns das über die Hollywood-Filmindustrie?

Jodie Foster: Dass man in Hollywood immer weniger bereit ist, ein finanzielles Risiko einzugehen. Aber ganz stimmt das so nicht: Ich hätte den Film auch ohne diese Stars machen können. Allerdings sähe er dann ganz anders aus, weil ich nur ein Budget von etwa drei Millionen Dollar gehabt hätte anstatt 13 Millionen. Dann hätte es eben keine Außenaufnahmen gegeben, keine Helikopter, Waffen, Bomben, keine Polizisten, keine Spezialeffekte, und ich hätte auch nicht mit so vielen Kameras filmen können. So wie "Money Monster" jetzt aussieht, spielt der Film in der Mainstream-Liga, was mir natürlich sehr gefällt.

 

War es schwierig, George Clooney für den Film zu gewinnen?

Foster: Nein, überhaupt nicht. Ihm gefiel das Drehbuch und die Story. Und ganz besonders auch der journalistische Aspekt des Films, und dass er live im TV spielt. Sein Vater war ja viele Jahre Nachrichten-Moderator und hatte selbst eine Live-TV-Show. Und George war es auch, der Julia Roberts für meinen Film gewinnen konnte. Wir hatten sie zwar angefragt, aber eigentlich nicht damit gerechnet, dass sie zusagt.

 

Hätten Sie ihre Rolle auch selber gespielt?

Foster: Nein, denn ich wollte mich diesmal ganz aufs Regieführen konzentrieren. Und so gut, wie Julia ihre Sache macht, hätte ich das sowieso nicht hingekriegt. Ich bin sehr glücklich mit der Besetzung.

 

Sie haben mit der TV-Produzentin Patty, die Julia Roberts spielt, eine sehr starke Frauen-Rolle eingebracht . . .

Foster: . . . ja, und ohne Patty wäre unser - von George Clooney gespielter - TV-Host Lee Gates wohl auf verlorenem Posten.

 

Ist das ein feministischer Aspekt, den Sie als Frau ganz bewusst einbringen?

Foster: Es wäre sehr schön, wenn man sich meinen Film ohne diese Label im Kopf ansehen könnte. Ich würde gerne als Künstlerin, als Filmemacherin beurteilt werden und nicht als Frau. Diesen Gender-Aspekt finde ich nämlich überbewertet. Ich denke, dass vor allem Talent, Wissen, Können und Eignung für einen Job wichtig sind. Deshalb halte ich auch nichts von der Frauen-Quote.

 

Aber es fällt schon auf, dass es so gut wie keine Filmemacherinnen gibt, denen Hollywood zutraut, einen wirklich großen Big-Budget-Film zu machen.

Foster: Dafür gibt es eine Reihe sehr komplizierter Gründe. Und es ist sicher nicht so, dass es in Hollywood eine Verschwörung von Männern gibt, die Frauen partout keine großen Filme anvertrauen wollen würden. Andererseits sind da immer viele Millionen Dollar im Spiel, und da wollen sich die Studios eben so gut es geht absichern.

 

Das heißt eben doch, man traut Frauen nicht zu, diese Filme erfolgreich ins Kino zu bringen, oder?

Foster: Das ist zwar nicht meine Meinung. Aber es trifft zu.

 

Wenn das keine Bevormundung ist!

Foster: Ach, manche Frauen wollen diesen Karriere-Weg ja gar nicht gehen. Auch das sollte man bei diesen oft sehr simpel geführten Diskussionen nicht vergessen. Es ist, wie gesagt, sehr kompliziert. Und zum Glück hat sich in den letzten Jahren ja schon sehr viel im Filmbusiness getan. Als ich anfing, gab es so gut wie gar keine Frauen am Set. Keine hinter der Kamera - oder in den anderen technischen Bereichen. Die einzigen Frauen, die ich je zu Gesicht bekam, waren im Bereich Make-up tätig. Nach und nach kamen dann mehr Frauen dazu, was sich sehr positiv auf das gesamte Arbeitsklima beim Drehen auswirkte. Und jetzt gibt es sehr viel mehr Autorinnen und Produzentinnen als früher. Und sogar viel mehr weibliche Studio-Bosse. Auch das hat im Bereich Mainstream in Bezug aufs Regieführen für Frauen nichts verändert.

 

In Ihrem Film geht es um Geld. "Gier ist gut" - dieses Mantra von Gordon Gekko aus dem "Wall Street"-Film gilt heute wohl mehr denn je. Ist Gier in unser aller DNS festgeschrieben?

Foster: Ich glaube schon, dass Gier so etwas wie ein Ur-Instinkt ist. Aber wie bei anderen Instinkten sollte man ihm eben nicht unkontrolliert seinen Lauf lassen. Dazu haben wir ja ein moralisches Bewusstsein, einen ethischen Kompass. Aber mein Film ist nicht anti Geld. Wir haben mit Geld eben ein Wertesystem etabliert, mit dem wir die Dinge in unserem Leben evaluieren.

 

Es sieht so aus, dass in Amerika der Wert eines Menschen sehr oft von der Höhe seines Bankkontos abhängt. Und dass jeder den anderen übertreffen will.

Foster: Ich glaube, dass diese Besessenheit, so viel Geld wie möglich haben zu wollen, mittlerweile ein globales Phänomen ist. Leider. Und leider ist es auch richtig, dass wir in Amerika immer das Gefühl haben, uns permanent im Wettstreit mit potenziellen Konkurrenten zu befinden. Wir haben definitiv diese Sieger/Verlierer-Mentalität. Das ist wirklich absurd.

 

Geld macht also doch nicht glücklich?

Foster: (lacht) Ich bin mir nicht sicher. Aber ich bin glücklich, dass ich arbeiten und mich in meiner künstlerischen Arbeit so ausdrücken kann, wie ich will. Dass ich eine gesunde Familie habe, dass meine beiden Söhne ein gesichertes Leben führen können und wir ein schönes Zuhause haben. Im Gegensatz zu mir, als ich aufwuchs. Ich hatte täglich mit Existenzängsten zu kämpfen. Ich habe ja schon sehr früh für das finanzielle Auskommen meiner Familie sorgen müssen. Meine Mutter war geschieden und hat mir außerdem immer gesagt, dass eine Frau es in dieser Welt eigentlich nicht schaffen kann, alleine eine Familie zu ernähren. Das war eine ziemlich krasse Hypothek. Ich bin sehr froh, dass ich diese Angst nicht mehr haben muss. Dafür habe ich jetzt andere.

 

Welche denn?

Foster: Meine wohl größte Angst ist, nicht zu leben. Dass ich nicht mehr in der Lage bin, ein volles und erfülltes Leben zu leben. Dass ich also schon tot bin, bevor ich sterbe. Dass ich medioker und banal werde. Davon handelt ja auch mein vorletzter Film "Der Biber". Als ich diesen Film machte, steckte ich tief in einer Lebenskrise. Und der Film hat mir dabei geholfen, darüber hinwegzukommen.

 

Das Interview führte

Ulrich Lössl.

 

Eine Kritik von "Money Monster" lesen Sie in unserer Beilage "unterwegs".