Augsburg
Unterwegs im Auftrag des Herrn

Der Film ist Kult, die Bühnenfassung ein Riesenspaß: "Blues Brothers" als Freilichtspektakel in Augsburg

28.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:08 Uhr

Spannende Bühnenlösungen: Andy Kuntz, Kerstin Descher und Florian Innerebner in „Blues Brothers“ - Foto: Schölzel

Augsburg (DK) Schwarze Anzüge, schwarze Hüte, Sonnenbrillen: Die Blues Brothers sind in der Stadt. Wie immer unterwegs im Auftrag des Herrn. Klar, dass das angekündigte Unwetter am Samstagabend nicht stattfindet – und die Augsburger Premiere der „Blues Brothers“ nach dem Kultfilm mit John Belushi und Dan Aykroyd ohne Regentropfen bei lauschigen Sommernachtstemperaturen über die Bühne gehen kann.

Mit John Landis’ furioser Filmkomödie aus dem Jahr 1980 hat Manfred Weiß’ Inszenierung zwar nicht mehr allzu viel gemein, trotzdem – und das zeigt der begeisterte Applaus nach gut zweieinhalb Stunden – funktioniert das Freilichtspektakel am Roten Tor.

Zum einen hat das natürlich mit der Musik zu tun. „Everybody Needs Somebody“, „Gimme Some Lovin’“, „Respect“, „Stand By Your Man“, „Minnie The Moocher“, „Hit The Road“, „Sweet Home Chicago“ oder „Jailhouse Rock“: Kaum einer kann da Hände und Füße stillhalten. Zumal Tim Allhoffs „Blues Brothers Band“ fulminant aufspielt. Der Jazzpianist und Komponist war von 2009 bis 2011 musikalischer Leiter am Theater Ingolstadt. Und war in dieser Zeit schon einmal Kopf und Herz dieser „legendären“ Bluesband – in Peter Reins Inszenierung von 2009.

Zum anderen hat sich Regisseur Manfred Weiß eine spektakuläre Kulisse (Bühne und Kostüme: Timo Dentler und Okarina Peter) vor die mittelalterliche Bastion am Roten Tor bauen lassen. Einen Vergnügungspark, der mit Looping, Autoscooter, Boardwalk, Diner und vielen bunten Lichtern verwünscht und verwahrlost Coney Island zitiert. Im Zentrum dieses „Red Gate Park“ findet sich ein Bühnenrund. Darauf die Band, die wirklich alles kann – nicht nur Country und Western. Regisseur Weiß muss ziemlich tricksen, um die Originalgeschichte des Rythm-&-Blues-Musicals diesen Gegebenheiten anzupassen. Denn während sich im Film Jake – gerade aus dem Gefängnis entlassen – und sein Bruder Elwood aufmachen, ihre alte Band zusammenzutrommeln, um die 5000 Dollar einzuspielen, die Mutter Oberin benötigt, um das alte Waisenhaus zu retten, steht in der Augsburger Fassung die Band bereits von Anfang an auf der „Red Gate Park“-Bühne. Und das impliziert allerlei inhaltliche Verschiebungen. Dann gibt es ja noch das Zusammentreffen mit einer tumben Nazi-Truppe, mitreißende Predigten, spektakuläre Autoverfolgungsjagden und explosive Liebeshändel. Aber am Ende fügt sich alles. Und Regisseur Weiß findet immer wieder spannende Bühnenlösungen. Höhepunkt ist sicherlich die Flucht der Blues Brothers vor der Polizei im Bluesmobil – mit psychedelischen Leinwandprojektionen, Autoloops, Lichtshow und einem mit feinem Witz inszenierten Verfolgungs- und Verschrottungs-Tohuwabohu (Choreografie: Natalie Holtom).

Weiß versteht es auch, die riesige Bühne (mit mehr als 2100 Plätzen die größte Freilichtbühne im süddeutschen Raum) auf mehreren Ebenen zu bespielen. Klug, raffiniert, farbenprächtig (allein die Tänzer des Augsburger Balletts sind in ihren ausgefallenen Kostümen echte Hingucker) und immer wieder überraschend. Und: Er hat eine tolle Crew. Peti van der Velde als „Aretha“, Stephen Shivers als „Cab Calloway“/Reverend Brown, David Bruce Whitley als „Ray Charles“/Reverend Morris. Und natürlich Andy Kuntz und Florian Innerebner als Jake und Elwood Blues. Sie verfügen zwar nicht über die skurrile lakonische Unerschütterlichkeit des Filmduos Belushi/Aykroyd, tragen aber als nihilistisches Clowns-Pärchen definitiv den Blues in sich.

Am Ende gibt es viel Applaus, noch mehr Musik und Partystimmung im Publikum. Halleluja!

 

Bis 1. August auf der Augsburger Freilichtbühne am Roten Tor. Kartentelefon (08 21) 3 24 49 00.